Warum Grünstromspeicher ein grundsätzlich gutes Investment sind – pv magazine Deutschland


Markus Heemann, Geschäftsführer von Suncatcher Engineering
Markus Heemann kam vor rund einem Jahr von Mc Kinsey zu Suncatcher. Seit August führt er die Geschäfte der Suncatcher Engineering GmbH.

Foto: Suncatcher

pv magazine: Die Bundesnetzagentur hat ja veröffentlicht, dass 46 Gigawattstunden an Speichern auf der Mittelspannungsebene einen Netzanschluss genehmigt bekommen haben. Sind das nur Graustromspeicher oder sind da auch Grünstromspeicher dabei?

Markus Heemann: Die von der Bundesnetzagentur kommunizierte Genehmigung von 46 Gigawattstunden Batteriespeicher dieses Jahr wurde zwar nicht explizit in Speicher mit Bezugsrechten, also Graustromspeicher, und ohne Bezugsrechte, also Grünstromspeicher spezifiziert, es ist aber davon auszugehen, dass ein Großteil der Speicher Bezugsrechte hat, zumal die Anträge ja bereits vor einiger Zeit gestellt wurden. Zusammen mit den bereits installierten Batteriespeicher-Kapazitäten ergäbe das in Deutschland dann circa 70 Gigawattstunden. Dem gegenüber schätzt das Fraunhofer ISE, dass der deutsche Batteriespeicher-Bedarf bis 2030 bei etwa 100 Gigawattstunden liegt. Viele Netzbetreiber tun sich aktuell aber schwer damit, weitere Graustromspeicher zu genehmigen. Das hat vor allem damit zu tun, dass sich Netzbetreiber einer immensen Zahl an Anträgen gegenübersehen und gleichzeitig die Auswirkungen auf das Netz aufgrund der weniger planbaren Fahrweise – Anzahl Zyklen, Zeitpunkte von Be- und Entladung – deutlich schwieriger vorhersehen können. Insofern ist bereits jetzt absehbar, dass die für die Energiewende benötigten Batteriespeicher-Volumina bis 2030 nicht ohne Grünstromspeicher erreicht werden können.

Sehen Sie ein einheitliches Vorgehen der Netzbetreiber, wenn es um den Anschluss von Grünstromspeichern geht?

Ich denke, es ist fair zu sagen, dass sich Netzbetreiber gerade die Karten hinsichtlich Batteriespeichern legen. Aus dem Grund sieht man aktuell noch eine große Heterogenität bei Netzbetreibern bezüglich Bearbeitungsdauer wie auch Erklärungsaufwand. Insgesamt sind die meisten Netzbetreiber jedoch, anders als bei Graustromspeichern, sehr offen für Grünstromspeicher. Weder bei uns noch unseren Kunden, für die wir die Anträge gemacht haben, wurden Grünstromspeicher bisher abgelehnt.

Welche Rolle spielen Grünstromspeicher in Ihrer strategischen Ausrichtung als Projektentwickler und IPP?

Auch wenn der Name Suncatcher etwas anderes suggeriert, Batteriespeicher sind mittlerweile integraler Bestandteil unserer Portfoliostrategie. Das gilt natürlich für Graustromspeicher, die aktuell einen spannenden Business Case bieten und aus Portfoliosicht eine gute Ergänzung zu Wind und Photovoltaik darstellen. Wir setzen aber ebenso stark auf Grünstromspeicher, die im Zusammenspiel mit einer Erneuerbaren-Erzeugungsanlage ein insgesamt resilienteres und rentableres Asset schaffen aufgrund der Antikorrelation der beiden Teilstücke. Aus diesem Grund planen wir sämtliche zukünftigen Erneuerbaren-Erzeugungsanlagen mit einem Grünstromspeicher. Das führt auch dazu, dass wir im Hinblick auf die Photovoltaik deutlich positiver gestimmt sind als andere Marktteilnehmer und in diesem Jahr Projektrechte von mehr als 200 Megawatt gekauft haben.

Sie realisieren ja nicht nur eigene Speicherprojekte, sondern bieten auch EPC-Dienstleistung für andere an. Wie kam es dazu?

Die Anfänge von Suncatcher waren tatsächlich als EPC für große Photovoltaik-Anlagen. Wir haben uns aber bereits früh auch mit den Möglichkeiten in der Kombination mit einem Speicher auseinandergesetzt und so Anfang 2024 den ersten Speicher für Dritte in die Umsetzung gebracht. Und da insbesondere auf der Mittelspannungsebene ordentlich gearbeitet werden muss, ist uns aus Gruppensicht auch wichtig, diese Expertise inhouse zu haben. Der Rest ist Geschichte.

Und wahrscheinlich haben sie damit auch gut zu tun, oder?

Tatsächlich sind wir sehr gut ausgelastet und führen viele spannende Gespräche zu neuen Projekten für 2026. Man hat es dieses Jahr bereits auf den Messen wie der Intersolar gesehen, es geht dort kaum noch um Photovoltaik, sondern fast nur noch um Batteriespeicher. Das Interesse ist immens und entsprechend auch die Nachfrage nach erfahrenen BESS EPC-Unternehmen. Gleichzeitig gibt es noch gar nicht so viele etablierte Anbieter am Markt, selbst für viele große Photovoltaik EPC-Firmen ist das Thema Batteriespeicher noch recht neu. Das verschafft uns einen Vorteil.

Im Moment lassen sich mit Graustromspeichern natürlich gute Geschäfte machen, Sie sprechen als EPC-Unternehmen aber auch aktiv das Segment Grünstromspeicher an. Warum?

Der Business Case eines Graustromspeichers ist grundsätzlich attraktiver, wobei der Baukostenzuschuss den Business Case zuletzt etwas geschmälert hat. Bei einem Co-Location-Graustromspeicher gibt es zudem einen gewissen Interessenkonflikt hinsichtlich der Nutzung des Netzanschlusses. Enervis schätzt etwa 8 Prozent Umsatzeinbußen bei einem Graustromspeicher im Falle von Einspeisevorrang durch die Photovoltaik. Der Graustromspeicher hilft der Erneuerbaren-Erzeugungsanlage eigentlich nicht, er erhöht nur die Auslastung der dahinterliegenden Infrastruktur. Genau da setzt der Grünstromspeicher an. Er dient nämlich zu 100 Prozent der Optimierung der Erneuerbaren-Erzeugungsanlage. Wir sehen hier über unser Portfolio im aktuellen Marktumfeld etwa 25 Prozent zusätzlichen Capex für circa 40 Prozent mehr Umsatz, also für sich betrachtet ein grundsätzlich gutes Investment. Und vor dem Hintergrund, dass aktuell viele Projektentwickler, Fonds, und Banken nach Lösungen für Ihre Assets und Pipelines suchen, sehen wir auch einen durchaus großen adressierbaren Markt, selbst wenn der Business Case etwas schlechter als im Falle eines Graustromspeichers ist.

Welche Erlösmodelle sehen sie für Grünstromspeicher und wie rentabel sind diese?

Ein Grünstromspeicher verdient sein Geld auf insgesamt fünf verschiedene Arten. Der relevanteste Hebel ist das klassische Load Shifting, das heißt die Verschiebung der Einspeisung aus den Mittagsstunden, in denen der Strom typischerweise weniger wert ist, auf die folgenden Abend- und/oder Morgenstunden, in denen die Börsenpreise deutlich höher sind. Darüber hinaus erlaubt einem der Batteriespeicher auch die Teilnahme am Interday-Handel, mit dem man mit einer typischen Photovoltaik-Anlage aufgrund des Produktionsrisikos normalerweise nicht teilnimmt. Zusätzlich kann man mit einem Grünstromspeicher auch gewisse Regelleistungen anbieten, insbesondere die Sekundärregelleistung aFRR+.  Der Direktvermarkter oder Speicher-Optimierer hat darüber hinaus noch die Möglichkeit, durch ein anderes Risk-Return Handelsprofil zusätzliche Erlöse zu generieren, da der Speicher erlaubt, die Position zu schließen. Zu guter Letzt hat man je nach EEG-Regime mit dem Speicher ebenfalls die Möglichkeit, Marktprämien vom Netzbetreiber zu „retten“. Das funktioniert dadurch, dass Erzeugungsmengen, die normalerweise in Negativstunden eingespeist würden, in denen die Marktprämie entfällt, zu späterer Zeit eingespeist werden, wenn es dafür auch die Marktprämie gibt. Perspektivisch könnte noch ein sechster Werthebel hinzukommen. Zu Beginn des Jahres wurde ja bereits die gesetzliche Grundlage gelegt, Grünstromspeicher zukünftig auch temporär in Graustromspeicher umzuwandeln. Sollte das passieren, werden hier perspektivisch noch weitere Erlöse aus Arbitragehandel und weiteren Regelleistungen möglich sein.

Lohnt sich eine Grünstromspeichernachrüstung auch für bestehende Photovoltaik-Anlagen?

Absolut, auch für ältere Anlagen macht ein Grünstromspeicher Sinn! Hier ist wichtig zu verstehen, dass die Mehrerlöse nicht in Konkurrenz zu der EEG-Marktprämie stehen. Durch den Batteriespeicher ist der Direktvermarkter in der Lage, aus den eben genannten Gründen deutlich mehr Erlöse für den Strom zu erzielen. Sie bekommen also mehr Geld von Ihrem Direktvermarkter. Der Netzbetreiber, der die Marktprämie an Sie ausschüttet, schaut aber nicht darauf, wie viel Geld Sie im Monat von Ihrem Direktvermarkter bekommen. Für diesen ist lediglich relevant, was ihr anzulegender Wert ist, was der Monatsmarktwert Solar war, den Sie mit ihrem Grünstromspeicher nicht beeinflussen, und welche Mengen Sie wann ins Netz gegeben haben. Der einzige Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Größe der Anlage. Beim Grünstromspeicher benötigt es für eine attraktive Wirtschaftlichkeit ein gutes Zusammenspiel aus Mehrerlösen gegenüber den Capex-Kosten pro Megawattstunde. Ab einer Anlage von circa fünf Megawatt sehen wir das in unseren Simulationen als gegeben.

Wie haben sich die Speicherpreise entwickelt und welche Entwicklung erwarten sie in der kommenden Zeit?

In den letzten Jahren sind die Speicherpreise stark gesunken, was auch ein wesentlicher Faktor ist, weshalb Speicher allgemein, aber eben auch Grünstromspeicher heute ein attraktives Investment darstellen. Wir sehen bei den Kosten grundsätzlich noch Potenzial nach unten, insbesondere weil in aktuell in China sehr große Produktionskapazitäten aufgebaut wurden und laufend erweitert werden. Gleichzeitig werden gerade viele Volumina, die ursprünglich für den US-amerikanischen Markt eingeplant wurden, aufgrund der politischen Situation und Handelsunsicherheiten nun in Europa vertrieben, weshalb man aktuell bereits sehr gute Preise bekommt. Und da das Marktumfeld derzeit für einen Grünstromspeicher sehr profitabel ist, sehen wir, dass Kunden nicht mehr abwarten, um auf günstigere Preise zu hoffen, sondern nun in den Vollzug gehen.

Die große Frage ist auch, bis zu wieviel Gigawatt Speicher die Geschäftsmodelle rentabel sind. Haben Sie da eine Prognose?

Wie in der Photovoltaik ist es sehr schwer, tatsächliche Marktdynamiken und Preisauswirkungen korrekt vorherzusagen, und wie man bereits bei den etablierten Anbietern von Strompreiskurven sehen kann, gehen die Annahmen zum Teil sehr weit auseinander. Was sich sagen lässt, ist dass der Energiemarkt insbesondere am Day-ahead-Markt sehr „tief“ ist. Die angekündigten 46 Gigawattstunden, die zum Großteil voraussichtlich in den kommenden zwei Jahren gebaut werden, werden sich zwar sicherlich glättend auf die Preisvolatilität auswirken, gleichzeitig haben wir heute schon alleine im Residential-Bereich etwa 60 Gigawatt Photovoltaik-Dachanlagen, die ungesteuert mittags ins Netz speisen. Und laut aktuellen Schätzungen werden in den kommenden 2 Jahren weitere rund 30 Gigawatt erneuerbarer Kapazität in Deutschland hinzukommen. Hinter den von der Bundesnetzagentur angekündigten 46 Gigawattstunden Batteriespeicher stehen nur 25 Gigawatt Leistung, es wird also weiter mehr erneuerbare Leistung als Flexibilität hinzugebaut. Insofern gehen wir von anhaltenden Negativstunden und Preisvolatilität aus.

Wie schauen Banken aktuell auf das Thema Grünstromspeicher?

Banken haben ein großes Interesse an Speichern, und öffnen sich auch immer mehr für die Finanzierung von neuen Assets mit einem Grünstromspeicher respektive der Nachrüstung eines bestehenden Solarparks mit einem Speicher. Bei vielen sehen wir aber auch, dass es noch Überzeugungsarbeit insbesondere beim Grünstromspeicher braucht, hinsichtlich Funktionsweise und Wirtschaftlichkeit. Auf der anderen Seite gibt es im Markt bereits Grünstromspeicher-Vemarktungsangebote wie Tollings, Floors, und auch erste PPAs, die Banken den Wert der Speicher aufzeigen und gewisse Sicherheiten bieten, sodass Finanzierungen gelegt werden können. Wir selbst bauen für unser Portfolio aktuell drei Projekte, die mit einem Merchant-Grünstromspeicher finanziert wurden. Und darüber hinaus merken Banken gerade auch, dass Sie mit dem bisherigen Ansatz, das heißt reine Photovoltaik-Anlagen entweder nur mit hoher EEG-Förderung oder hohen Eigenkapitalanforderungen zu finanzieren, zukünftig kaum noch ein Geschäft machen können. Insofern gibt es auch bei Banken eine hohe Bereitschaft, sich mit Batteriespeichern als Lösung intensiv auseinanderzusetzen.

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