pv magazine: Bleiben reine Photovoltaik-PPAs ein attraktives Segment?
Pieter van der Meulen: Reine Photovoltaik-PPAs werden in Märkten wie Deutschland immer weniger wettbewerbsfähig. Das starke Wachstum der Photovoltaik hat zu einer erheblichen Preiskannibalisierung und einem sprunghaften Anstieg der Stunden mit negativen Preisen geführt. 2025 gab es in Deutschland bereits mehr als 470 Stunden mit negativen Preisen, und fast 30 Prozent der Photovoltaikerzeugung fielen in diese Zeiträume. Das sind doppelt so viel wie im Vorjahr. Diese niedrigen Capture Rates erschweren langfristige Erlössicherheit bei reinen Photovoltaik-Projekten.
Es gibt zwar weiterhin Nachfrage nach günstig bepreisten reinen Photovoltaik-PPAs, doch diese Verträge werden in der Regel nur zu sehr niedrigen Preisen abgeschlossen. Entsprechend beobachten wir einen klaren Trend hin zu hybriden Photovoltaik-plus-Speicher-PPAs. Solche Modelle ermöglichen es Entwicklern und Abnehmern, Lieferprofile zu gestalten, das Risiko negativer Preise zu reduzieren und zusätzliche Wertschöpfung aus der Flexibilität des Speichers zu erzielen. Diese hybriden Strukturen gewinnen auch an Bankability und erleichtern so die Projektfinanzierung in einem sich verschärfenden Marktumfeld. Dieser Trend zeigt sich auch in den vielen Netzanschlussanfragen für Batteriespeicher. Ein erheblicher Anteil ist mit der Kombination mit Photovoltaik-Anlagen.
Was sind die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern für zehnjährige PPAs in Deutschland?
Laut dem Q3-2025-PPA-Preisindex von Level Ten Energy liegt der P25-Preis für Solar-PPAs in Deutschland — also das untere Preisquartil der Angebote — bei 52 Euro pro Megawattstunde. Dabei ist ein weiterer Abwärtstrend zu beobachten. Die Vertragslaufzeiten reichen von fünf bis zwanzig Jahren, mit einem europäischen Durchschnitt von 11,1 Jahren. Dieser Wert spiegelt den typischen Preisbereich für Unternehmenskunden wider, in dem die meisten 10-Jahres-PPAs abgeschlossen werden.
Die Preise für Photovoltaik-PPAs in Deutschland sind gegenüber dem Vorquartal um 4,6 Prozent und gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent gefallen. Gründe sind ein Überangebot, zunehmende Preiskannibalisierung und häufiger auftretende negative Preisstunden. Entwickler bieten verstärkt aggressive Preise, um Unternehmenskunden zu gewinnen, da auch Förderregime weniger attraktiv werden.
Wissen Sie von bereits unterzeichneten Hybrid-PPA-Verträgen in Deutschland, bei denen Speicher und Photovoltaik kombiniert werden?
Ja, wir sehen die ersten Hybrid-PPAs, die in Deutschland abgeschlossen werden. Bei Level Ten unterstützen wir mehrere etablierte Entwickler dabei, ihre Hybridprodukte auf den Markt zu bringen – vom Produktdesign über die Ansprache interessierter Abnehmer bis zur Begleitung der Angebotsauswahl.
Bei jüngsten Ausschreibungen von Unternehmen, die Strom in Deutschland einkaufen wollen, entfielen rund 15 Prozent der Gebote auf Hybridlösungen. Viele davon schafften es in die engere Auswahl und befinden sich inzwischen in Verhandlung. Dieser wachsende Anteil zeigt, dass sowohl Entwickler als auch Käufer zunehmend Vertrauen in Hybridlösungen gewinnen.
pv magazine Week Europe
Am 4. Dezember um 15:00 Uhr wird Pieter van der Meulen auf der pv magazine week Europe die Konzepte für Hybrid-PPAs im Detail vorstellen. Außerdem diskutieren wir in der Session Co-Location im deutschen und spanischen Markt und die Vor- und Nachteile von AC-Kopplung, DC-Kopplung, zentralen Batterie-Containerlösungen und dezentraleren Batterielösungen in Co-Location-Freiflächenprojekten.
In weiteren Sessions vom 1. bis 4. Dezember diskutieren führende Experten unter anderem: europäische Rahmenbedingungen, Projektdurchführung inklusive Bankability, Zell- und Modulinnovationen, Qualität, Batterie-Sourcing und Co-Location. Merh Infos und kostenfreie Anmeldung
Welches europäische Land ist bei Hybrid-PPAs führend, und wie viele Verträge wurden bereits geschlossen?
Das Vereinigte Königreich ist derzeit Vorreiter bei der Entwicklung von Photovoltaik-Speicher-Projekten. Die politischen Rahmenbedingungen und fortschrittliche Netzanschlussprozesse treiben diese Entwicklung voran. Viele Projekte wurden bislang jedoch noch ohne Hybrid-PPAs umgesetzt. Spanien und Deutschland folgen. Zwar ist die Zahl der bislang abgeschlossenen Hybrid-PPAs noch gering, doch die zunehmende Marktdynamik und bessere Finanzierbarkeit bereiten den Boden für eine breitere Einführung.
Oft werden Batteriespeicher an Photovoltaikanlagen nur als Grünstromspeicher genehmigt, sie dürften also keinen Strom aus dem Netz beziehen. Sind die Hybrid-PPAs mit solchen Anlagen trotzdem attraktiv?
Ja. Ein co-lokierter Speicher steigert den Capture Price deutlich. Prognosen zeigen Aufschläge von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu reinen Photovoltaik-Anlagen. Für Käufer ermöglicht dies zudem eine Lieferstruktur, die besser zu 24/7-Zielen passt. Die gespeicherte Energie hat Herkunftsnachweise. Wenn stündliche Herkunftsnachweise kommen, wird das noch relevanter. Manche Käufer zahlen dafür einen Aufpreis.
Wenn Netzladung erlaubt ist, können zusätzliche Erlöse durch die Teilnahme an mehreren Märkten generiert werden: Day-Ahead- und Intraday-Arbitrage, Kapazitätsmärkte sowie Regelenergie. Auch diese Ansätze sind kompatibel mit PPAs, indem der Arbitrageanteil mit dem Abnehmer geteilt wird (oft über virtuelle Abrechnungsmodelle), während der Verkäufer die operative Optimierung übernimmt. So profitieren Käufer von höheren Capture Prices und Verkäufer von stabilen Erlösen, während der Optimierungsvorteil beim Verkäufer bleibt.
Kurz gesagt: Grünstromspeicher-Hybride sind schon für sich genommen wirtschaftlich attraktiv. Graustromspeicher, die zusätzlich am Markt teilnehmen, ermöglichen eine Kombination aus stabilen PPA-Erlösen und Mehrerlösen durch Marktoptimierung. Das st die am besten finanzierbare Lösung.
Gibt es eine typische oder bevorzugte Struktur für Hybrid-PPAs – zum Beispiel einen PPA- und einen Tolling-Vertrag mit demselben Abnehmer oder ein fest definiertes Erzeugungsprofil?
Der Markt hat sich noch nicht auf ein einheitliches Hybrid-PPA-Modell festgelegt, aber vier Strukturen zeichnen sich klar ab: Die Kombination eines PPA und eines Tolling-Vertrages ist nach wie vor die häufigste Variante. Käufer behalten Flexibilität, Entwickler erhalten Erlöse und das Ganze ist bankable. Wenn Abnehmer den Batteriespeicher nicht managen wollen oder können, können sie für einen integrierten „hybrid shaped“ PPA optieren. Dabei nutzt der Verkäufer die Batterie um ein festes Profil zu liefern oder eines, das den Lastgang des Käufers berücksichtigt.
Wir sehen, dass andere Modelle an Interesse gewinnen. Diese bauen auf virtuellen PPAs und Tollingverträgen auf und machen Hybridverträge transparenter und einfacher zu finanzieren. Dazu zählt zum Beispiel ein so genannter TBx-Vertrag. Das ist eine vereinfachte Form eines Tolling-Vertrags, bei der der Entwickler die Speicheroptimierung übernimmt und Preisrisiken für den Vertragspartner klar begrenzt sind. Damit kann das Risiko, das durch die Preisvolatilität entsteht, mit einem Differenzvertrag minimiert werden. Dieser wird auf den maximalen Preisspread an einem Tag bezogen.
Ein anderes Modell nennt sich „Hybrid Custom Shaped”. Das sind virtuelle optimierte Lieferprofile, die durch den Verkäufer definiert und angeboten werden und dadurch einen besseren Captured Price erreichen können. Ein so genanntes „Hybrid Fixed Block”-Modell ist eine virtuelle Struktur, die im Beispiel einer 7×16 Struktur den durchschnittlichen Marktpreis über die Länge eines Blocks von 16 Stunden für das Settlement nutzen, anstatt den Photovoltaik Capture-Preis. Dadurch erreichen sie auch ein besseres Ergebnis. Sie werden vermutlich der bevorzugte Ansatz für Corporate PPAs, also solchen mit in Industrieunternehmen, weil für den Markt Standardisierung und Skalierung wichtig sind.
Diese Standards müssen aber erst noch entwickelt werden, oder?
Ja, der Hybrid-PPA-Markt befindet sich noch in der Entwicklung, und es braucht mehr Standardisierung. Heute existiert kein einheitliches Vertragsmodell. Da sich die Ansätze unterscheiden, macht es komplex, Verträge zu bewerten und abzuschließen, vor allem für Unternehmen auf der Abnehmerseite.
Marktführer arbeiten derzeit an einfacheren Strukturen, um Vertrauen und Liquidität aufzubauen. Level Ten hat mehrere praktikable Modelle identifiziert, um die Komplexität zu verringern und den Mehrwert von Speichern zugänglicher zu machen. Mit zunehmender Zahl abgeschlossener Hybrid-PPAs werden sich diese Modelle als Grundlage für einen transparenteren, skalierbaren Markt etablieren.
Magazinausgabe am 13. November erschienen

Schwerpunkt Freiflächenanlagen in der aktuellen Magazinausgabe
- Markt, Finanzierung und Unsicherheiten
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Grünstromspeicher
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Agri-Photovoltaik mit Trackern
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Cybersicherheit mit Kritis, NIS2 und der Genehmigung kritischer Komponenten.
Sonst in der Ausgabe u.a. : Schwerpunkt Privatkundensegment: Verkaufsstrategien, Installationsumfrage, Autarkiegrad mit Elektroauto
Die Ausgabe kann im pv magazine Shop als Abo oder als Einzelausgabe erworben werden.
Ich habe den Eindruck, dass ein Hybrid-PPA nur von Abnehmern mit einer professionellen Energietrading-Einheit gemanagt werden kann. Stimmen Sie zu?
Teilweise ja. Komplexe Hybrid-PPAs, bei denen der Käufer die Batterie aktiv steuern oder Marktrisiken übernehmen muss, eignen sich vor allem für versierte Abnehmer mit Handelskompetenz, zum Beispiel Energieversorger oder große Industrieunternehmen. Sie setzen Know-how in Optimierung und Risikomanagement voraus.
Aber der Markt entwickelt sich schnell: Die oben angesprochenen neuen verkäuferseitig gemanagten Hybridmodelle sollen genau dieses Problem lösen und Hybrid-PPAs auch für Käufer ohne Trading-Desk zugänglich machen. Sie erlauben, dass der Verkäufer die Speicheroptimierung übernimmt, während der Käufer lediglich von einem geformten, stabileren Erzeugungsprofil profitiert. Wir beobachten, dass diese vereinfachten Strukturen an Interesse gewinnen, da sie Preisstabilität mit geringer Komplexität verbinden und den Markt für Hybrid-PPAs für eine viel breitere Käufergruppe öffnen.
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