Balkonanlagen, Guerilla-PV, Do-it-yourself-Solar. Kleine Anlagen, die Endkunden in Baumärkten oder online kaufen und eigenhändig installieren, um sie lediglich in eine Haushaltssteckdose zu stecken, erfreuten sich in den letzten Jahren größter Beliebtheit. Der Haken: Es fehlte noch eine Produktnorm, durch die so eine Installation in einigen Fällen rechtlich überhaupt erst möglich wird. Jetzt liegt die Norm vor.
Balkonanlagen dürfen mit einem einfachen Schuko-Stecker angeschlossen werden. Das geht aus der lang erwarteten Produktnorm für Stecker-Solargeräte hervor, die der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (VDE) am Freitag veröffentlichte. Die Regel gilt aber nicht für alle Anlagen dieser Art gleichermaßen.
In der Norm wurde die maximal zulässige Einspeiseleistung des Wechselrichters auf 800 Watt festgelegt. Damit orientiert sich die Norm an der Novellierung der Anwendungsregel E VDE-AR-N 4105:2024-10 „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“.
Damit eine Anlage mit einem Schuko-Stecker angeschlossen werden kann, darf die Gesamtmodulleistung maximal 960 Watt betragen. Wird hingegen ein spezieller Energiesteckvorrichtungsstecker verwendet, darf die Modulleistung bis zu 2000 Watt betragen. Darunter versteht man im Volksmund einen Wielandstecker oder SEP-Stecker.
Mit dem neuen Regelwerk erhalten Hersteller, Anbieter und Installateure erstmals eindeutig definierte technische Vorgaben, wie steckerfertige Photovoltaikmodule für den Netzparallelbetrieb auszulegen sind. Die Norm richtet sich darüber hinaus auch an Endverbraucher, Händler, Vermieter und Eigentümer, da sie umfangreiche Anforderungen an die Dokumentation enthält. „Endverbraucher können sich hierdurch ein klares Bild machen, was sie zu beachten haben und welche Voraussetzungen das Steckersolarsystem für einen sicheren Betrieb erfüllen sollte“, erklärt Ansgar Hinz, Vorstandsvorsitzender des VDE. „Durch normkonforme und damit im Sinne der Produkthaftung sichere Geräte wird das Vertrauen in die Technik der Steckersolarsysteme am Markt deutlich gesteigert.“
Die Produktnorm erlaubt neue Anschlussmöglichkeiten, die bislang nicht zulässig waren. Sie definiert mehrere Schutzmaßnahmen, um Steckersolargeräte künftig auch über einen Schutzkontaktstecker an eine herkömmliche Haushaltssteckdose anschließen zu können. Der Basisschutz und die elektrische Sicherheit müssen dabei wahlweise mechanisch oder elektromechanisch gewährleistet sein. Das geht etwa über einen modifizierten Haushaltsstecker mit Schutzumhüllungen oder einen internen Trennschalter, wie es vom Verband heißt. Alternativ kann der Basisschutz auch über eine galvanische Trennung im Wechselrichter realisiert werden, sofern diese zusätzlichen Anforderungen erfüllt sind.
Steckersolargeräte mit integriertem Energiespeicher fallen weiterhin nicht unter die neue Norm. Für solche Anlagen muss ein bereits gebildetes Normungsgremium noch zusätzliche Anforderungen entwickeln, wie es seitens der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) heißt. Anders als bei Stecker-Solar-Geräten ohne Batterie ist bei Geräten mit Speicher in der Regel die Installation eines Stromsensors durch eine Elektrofachkraft erforderlich. Der Sensor erkennt, wann Überschussstrom zur Speicherung bereitsteht und wann Energie für den Eigenverbrauch bereitgestellt werden soll.
Zudem müssen Batteriespeicher zusätzlich zur Anmeldung im Marktstammdatenregister auch beim Netzbetreiber registriert werden. Für Kleinstspeicher soll diese Pflicht nach einer geplanten Überarbeitung der Netzanschlussnorm (VDE AR-N 4105) im kommenden Jahr entfallen.
Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), begrüßt die Veröffentlichung: „Die DIN-Norm für Steckersolargeräte sorgt für Rechtssicherheit bei Produzenten, Händlern und Endverbrauchern und stärkt ein seit einigen Jahren stark wachsendes Marktsegment. Steckersolargeräte sind eine attraktive Möglichkeit für Mieter und Wohnungseigentümerinnen, aktiv an der Energiewende teilzunehmen.“
Im Abgleich mit den bisherigen Erwartungen der Branche zeigt sich: Vieles entspricht den bereits geäußerten Forderungen. Schon 2022 hatte der VDE einen ersten Entwurf zur Kommentierung vorgelegt, 2024 folgte ein zweiter, der die Anhebung der Bagatellgrenze von 600 Watt auf 800 Watt und die Option eines Schuko-Stecker-Anschlusses vorsah. Im Mai 2024 bestätigte ein weiterer Entwurf diese Leistungsanhebung und skizzierte die Schutzmaßnahmen beim Anschluss über die Haushaltssteckdose. Parallel hatte die DKE angekündigt, die nationale Produktnorm für Stecker-Solar-Geräte bis spätestens Ende 2025 vorzulegen. Die nun veröffentlichte Norm greift die zentralen Punkte dieser Vorarbeiten auf und setzt sie verbindlich um.
Außerdem werde ein Gremium der DKE ein Begleitdokument mit Erläuterungen und Hinweisen bereitstellen. Mitte Dezember 2025 soll eine Normauslegung mit FAQs veröffentlicht werden, die bei der Anwendung und Interpretation der neuen Produktnorm helfen soll.
Die DIN VDE V 0126-95:2025-12 „Steckersolargeräte für Netzparallelbetrieb – Teil 95: Sicherheitsanforderungen und Prüfungen“ erscheint nach acht Jahren intensiver Normungsarbeit, zwei veröffentlichten Entwürfen, über 1250 Einsprüchen und einem abschließenden Schlichtungsverfahren.
Ab dem 1. Dezember 2025 liegt dann die Produktnorm für Steckersolargeräte offiziell vor.
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