Laut einer Analyse des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE) könnte der geplante Kapazitätsmarkt für Gaskraftwerke Haushalte und Industrie in Deutschland mit zusätzlichen Kosten von bis zu 435 Milliarden Euro belasten. Der Verband warnt vor Fehlanreizen und plädiert für marktwirtschaftlichere Alternativen.
Ein geplanter Kapazitätsmarkt in Deutschland könnte Haushalte und Industrie mit zusätzlichen Kosten von bis zu 435 Milliarden Euro belasten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE), der den Mechanismus grundlegend infrage stellt.
Deutschland benötigt zusätzliche gesicherte Kraftwerksleistung, um die Versorgungssicherheit auch in Zeiten ohne Sonne und Wind zu gewährleisten. Insbesondere neue Gaskraftwerke gelten als notwendig, um das Stromsystem stabil zu halten. Diskutiert wird deshalb die Einführung eines Kapazitätsmarktes. Dabei erhalten Betreiber nicht nur Zahlungen für tatsächlich produzierten Strom, sondern auch für die Bereitstellung von Kraftwerksleistung, die im Bedarfsfall abrufbar ist. Auf diese Weise sollen Investitionen in neue Anlagen abgesichert werden.
Nach Berechnungen des BNE könnte dieser Mechanismus jedoch eine gewaltige Zusatzbelastung für die Volkswirtschaft nach sich ziehen. Grundlage der Analyse sind Daten aus dem Monitoringbericht zur Energiewende. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte in früheren Überlegungen eine Umlage von zwei Cent pro Kilowattstunde ins Spiel gebracht, mit der ein Kapazitätsmarkt finanziert werden könnte. Legt man diesen Wert auf die prognostizierten Stromverbrauchsszenarien bis 2050 um, summieren sich die Mehrkosten laut BNE auf 340 bis 435 Milliarden Euro.
„Diese Zahlen machen erstmals transparent, welche immensen Kosten auf Verbraucher und Wirtschaft zukommen würden“, sagt BNE-Geschäftsführer Robert Busch. „Während Befürworter mit harmlosen Cent-Beträgen argumentieren, zeigt unsere Berechnung die wahre Dimension – wir reden über mehrere hundert Milliarden Euro.“
Die Folgen wären spürbar. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt mit 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch entspricht die Umlage einer Zusatzbelastung von rund 80 Euro pro Jahr. Für energieintensive Industriebetriebe lägen die Kosten in ganz anderen Größenordnungen. Ein Unternehmen mit jährlich 100 Gigawattstunden Strombedarf müsste rund zwei Millionen Euro zusätzlich aufbringen.
Neben der finanziellen Dimension kritisiert der BNE auch die strukturellen Schwächen eines Kapazitätsmarktes. Der Mechanismus orientiere sich an unsicheren Lastprognosen, schaffe kaum Anreize für Flexibilität und benachteilige neue Technologien wie Speicher. Zudem würden auch bestehende Kraftwerke Zahlungen erhalten, ohne dass dadurch zusätzliche Versorgungssicherheit entstehe.
Als Alternative schlägt der Verband eine Absicherungspflicht vor: Energieversorger sollen verpflichtet werden, ihre Lieferverpflichtungen über den Terminmarkt oder durch Eigenerzeugung abzusichern. Dies wäre nach Einschätzung des BNE marktwirtschaftlicher, verursache keine weiteren Belastungen für Haushalte und Industrie und setze Investitionsanreize dort, wo sie tatsächlich benötigt werden.
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