DIHK fordert „Plan B“ für die Energiewende – Gesamtkosten auf bis zu 5,4 Billionen Euro bis 2049 prognostiziert – pv magazine Deutschland


Mit Blick auf die Kostenbelastung für Unternehmen und Haushalte fordert die DIHK eine Änderung der Energiepolitik. Ihre Studie „Neue Wege für die Energiewende (‚Plan B‘)“ kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Investitionen und laufenden Kosten im Energiesektor von 2025 bis 2049 auf 4,8 bis 5,5 Billionen Euro summieren könnten, wobei fast die Hälfte auf Importe entfällt. Eine übergreifende Netzplanung, ein Auslaufen der Erneuerbaren-Förderung für bereits wirtschaftliche Anlagen und der Einsatz von blauem Wasserstoff sowie CCS wären nach Ansicht der DIHK Maßnahmen, um die Kosten kurzfristig zu senken.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Haushalten. Hintergrund sind zu erwartende Kosten im Energiesektor. Bei Fortführung der aktuellen Energiepolitik müssten sich die jährlichen privaten Investitionen in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr mehr als verdoppeln – von rund 82 Milliarden Euro im Mittel der Jahre 2020 bis 2024 auf mindestens 113 bis 316 Milliarden Euro im Jahr 2035, so ein zentrales Ergebnis der DIHK-Studie „Neue Wege für die Energiewende (‚Plan B‘)„.

Die Kosten würden sich nach den Schätzungen der Studienautoren von der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Frontier Economics auf insgesamt 4,8 bis 5,4 Billionen Euro für die Jahre 2025 bis 2049 summieren. Darin enthalten sind Investitionen in die inländische Energieerzeugung und Infrastrukturen sowie auch die laufenden Kosten zum Beispiel für den Betrieb von Netzen und Kraftwerken und Ausgaben für Energieimporte. Von den Gesamtkosten entfielen 2,0 bis 2,3 Billionen Euro auf Energieimporte; 1,2 Billionen Euro auf Netzkosten für Ausbau und Betrieb; 1,1 bis 1,5 Billionen Euro auf Investitionen in die Energieerzeugung und rund 500 Milliarden Euro auf den Betrieb von Erzeugungsanlagen.

„Die Zahlen zeigen: Mit der aktuellen Politik ist die Energiewende nicht zu stemmen“, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. Dabei brauche es hierfür eigentlich eine leistungsfähige Wirtschaft. Den Investitionen in die Energiewende stehe jedoch häufig kein direkter Ertrag gegenüber, erklärt Adrian. Industrie und Haushalte müssten das Geld daher anderweitig erwirtschaften. „Die Belastung von Unternehmen und Bevölkerung erreicht jedoch ein Niveau, das unseren Wirtschaftsstandort, unseren Wohlstand und damit auch die Akzeptanz der Energiewende gefährdet“, sagt der DIHK-Präsident.

Der Studie zufolge lagen die privaten Investitionen in Deutschland im Jahr 2024 insgesamt bei rund 770 Milliarden Euro. Zur Umsetzung der Energiewende müssten sie, so die Berechnungen aus der Studie, um 15 bis 41 Prozent steigen. Angesichts der steigenden Kostenbelastung werden in der Studie auch Alternativen für eine erfolgreiche Energiewende untersucht. „Die Studie setzt wichtige Impulse. Wir müssen gesamtgesellschaftlich ohne Scheuklappen darüber diskutieren, was möglich ist“, sagt dazu Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer.

Zentrales Instrument für einen grundlegenden Kurswechsel in der Energiepolitik ist den Studienautoren zufolge ein umfassender CO2-Zertifikatehandel. Der Zielpfad müsse dabei regelmäßig an die Entwicklung einer internationalen Peer Group angepasst werden. So lasse sich ambitionierter Klimaschutz realisieren, ohne Nachteile durch nationale Alleingänge für den Standort Deutschland zu erzeugen. Weiterhin müssten die Regulierung umfassend entschlackt und der Technologiewettbewerb verstärkt werden. Auch die vorhandene Energieinfrastruktur solle weiter genutzt werden, insbesondere für Gasnetze, die künftig Wasserstoff und klimaneutrales Erdgas – dekarbonisiert durch die Abscheidung und Speicherung von CO2 („Carbon Capture and Storage“, CCS) – transportieren können, so der Vorschlag. Überdies sollten Investitionen in zertifizierte Klimaschutzprojekte im Ausland auch in Deutschland anrechenbar sein.

Grafik: Reduktion der Systemkosten durch "Plan B" bis 2050
Reduktion der Systemkosten durch „Plan B“ bis 2050

Grafik: Frontier Economics

Mit diesen Maßnahmen könnten nach der Studie 530 bis 910 Milliarden Euro bis 2050 eingespart werden. Dies entspricht einer Reduktion von etwa 11 bis 17 Prozent der geschätzten Gesamtkosten der Energiewende. Weitere 80 bis 220 Milliarden Euro ließen sich mit einer Verschiebung des Ziels der Klimaneutralität erreichen, beispielsweise um zwei Jahre. Insgesamt ergeben sich durch das Konzept – je nach Nutzungsgrad der internationalen Kooperation – Einsparmöglichkeiten von potenziell weit über einer Billion Euro bis 2050, wie es von den Autoren heißt.

Kurzfristiges Sparpotenzial aus Sicht der DIHK

Doch bei der DIHK will man nicht nur lang-, sondern auch kurzfristig sparen. Dies ließe sich mit mehreren Maßnahmen erreichen. „Aus DIHK-Sicht gehört dazu eine übergreifende Netzplanung, ein Auslaufen der Erneuerbaren-Förderung für bereits wirtschaftliche Anlagen und ein effizienterer Energiemix, der auch den Einsatz von Biomethan, blauem Wasserstoff oder mit CCS dekarbonisiertem Erdgas technologieoffen berücksichtigt“, sagt Dercks. Auch der Bau neuer Gaskraftwerke sollte nicht über eine staatliche Förderung, sondern über marktwirtschaftliche Anreize gesteuert werden. Denkbar sei eine Absicherungspflicht für Stromversorger.

„Noch in diesem Jahr stehen in der Bundesregierung wichtige Richtungsentscheidungen in der Energiepolitik an. Klar ist: Um die Energiewende erfolgreich zu gestalten, muss sie flexibler und einfacher werden“, so Dercks Appell an die Politik. „Es braucht eine Energiewende, die technologieoffen ist, Kosten reduziert, Raum für Innovationen schafft und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für wirksamen Klimaschutz ernst nimmt.“

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