Die Vorschläge für bessere Netzanschlussbedingungen sind bereits erarbeitet, doch sie fehlen im verabschiedeten Entwurf zur EnWG-Novelle. Aus Sicht der Photovoltaik- und Speicherbranche besteht aber gerade bei diesem Thema großer Handlungsbedarf.
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Entwurf für eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) verabschiedet. Damit werden die geplanten Änderungen nun nach der Sommerpause im Bundestag beraten. „Wir haben ein großes Paket geliefert“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) in einem anschließenden Pressestatement. Sie bezog sich damit auf die weiteren Entwürfe aus ihrem Haus, die das Kabinett neben der EnWG-Novelle verabschiedete. Insgesamt seien sechs große Vorhaben auf den Weg gebracht worden, so Reiche.
Aus Sicht des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) besteht im weiteren parlamentarischen Prozess dringender Nachbesserungsbedarf. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung gleich zu Beginn der Legislaturperiode eine Energierechtsnovelle auf den Weg bringt. Diese sollte aber auch besonders dringende Maßnahmen enthalten, auf die die Solarbranche und die Bürger dringend warten“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Es sei aus Sicht von Photovoltaik- und Speicherbranche nicht nachvollziehbar, warum Neuregelungen zur Vereinfachung, Vereinheitlichung und Digitalisierung von Netzanschlüssen nicht in dem EnWG-Entwurf enthalten sind.
Sie seien immerhin bereits in einem gemeinsamen Branchendialog erarbeitet worden und würden auf „einen breiten Konsens in der Energiewirtschaft treffen“, so der BSW-Solar weiter. Auch mit Blick auf eine effiziente und kostengünstige Energiewende sollten diese Maßnahmen zügig umgesetzt werden. In den Vorschlägen ist unter anderem eine bessere Transparenz zur Auslastung der Stromnetze enthalten. Dies würde Projektierern von Photovoltaik-Anlagen oder Batteriespeichern viel Aufwand ersparen. Sie könnten sich dann vor dem Stellen eines Netzanschlussbegehrens selbst über den Zustand des Netzes informieren.
Nicht nur Photovoltaik- und Speicherhersteller, auch Netzbetreiber sehen bei dem Thema einen hohen Handlungsbedarf. „Der Bundestag sollte die Digitalisierung von Netzanschlussbegehren vorschreiben und verbindliche Reservierungsmöglichkeiten für Netzkapazitäten schaffen, die in angemessener Form den Projektfortschritt berücksichtigen – zum einen, um die Planungs- und Investitionssicherheit für Projektierer zu verbessern, zum anderen, um die Blockade durch ungenutzte Zusagen zu vermeiden“, sagt Körnig. Zudem sollten die Fristen im Netzanschlussprozess einheitlich gestaltet und die Nicht-Einhaltung durch die Netzbetreiber sanktioniert werden.
Ein weiterer Punkt für den BSW-Solar ist, dass die wichtigen Teile aus dem „Solarpaket 1“ aus dem Jahr 2024 und dem „Solarspitzen-Gesetz“ von diesem Frühjahr, für die noch keine beihilferechtliche Genehmigung vorliegt, mit der aktuellen EnWG-Novelle dringend umgesetzt werden müssten. Dazu zählen unter anderem die Nachbesserungen für Agri- und Parkplatz-Photovoltaik-Anlagen oder die systemdienliche Glättung von solaren Einspeisespitzen durch Batteriespeicher. „Diese Maßnahmen gelten auch in der neuen Koalition als unstrittig. Die für eine beihilferechtliche Genehmigung erforderliche Gesetzesänderung ist überfällig und sollte im Rahmen der aktuellen EnWG-Novelle minimalinvasiv umgesetzt werden“, so Körnig weiter.
Gleichzeitig sollte die EnWG-Novelle auch genutzt werden, um Rechtsunsicherheiten nach dem jüngsten BGH-Urteil zur „Kundenanlage“ zu beseitigen. Andernfalls drohe der Photovoltaik-Ausbau auf Mehrfamilienhäusern und in Gewerbearealen ausgebremst zu werden und auch die damit einhergehende Senkung der Strompreise für Mieter und Betriebe. „Gemeinschaftliche solare Nutzungskonzepte wie Mieterstrom, On-Site PPA oder die vom Gesetzgeber gerade erst eingeführte Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung sind ansonsten ernsthaft in Gefahr“, sagt Körnig.
Weitere Vorhaben beschlossen
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch zudem die Abschaffung der Gasspeicherumlage beschlossen. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) befürwortete die damit angestrebte Entlastung von Verbrauchern beim Gaspreis, kritisierte zugleich aber die Einseitigkeit, da sich der Beschluss nur auf fossiles Gas beziehe. Zudem werde damit ein Ungleichgewicht bei den Abgaben auf Gas- und Strompreise beschlossen. Die Gasumlage beträgt 0,3 Cent pro Kilowattstunde. Nach Angaben von Reiche beläuft sich die Entlastung für die Verbraucher auf 3,4 Milliarden Euro.
Auch Teile der EU-Erneuerbaren-Richtlinie RED III sollen zudem umgesetzt werden. Gerade für Windkraftanlagen, Wärmepumpen oder Geothermie-Kraftwerke sollen die Genehmigungsverfahren beschleunigt und vereinfacht werden. Ihnen wird künftig auch das Prädikat von überragendem öffentlichem Interesse gegeben. Zudem soll der Ausbau der Stromnetze mit den Vorhaben schneller vonstatten gehen.
Ferner hat sich das Bundeskabinett auch mit dem CO2-Speichergesetz befasst. Es soll Abscheidung, Transport und Speicherung oder Nutzung von CO2 – auch CCS beziehungsweise CCU genannt – im kommerziellen Maßstab ermöglichen. Erstmals werde damit für CCS und CCU eine gesetzliche Grundlage geschaffen, so Reiche in ihrem Statement.
Für das Ende des Sommers stellte die Ministerin noch eine Gesetzesvorlage in Aussicht, die eine Entlastung der Verbraucher bei den Netzentgelten vorsehen soll. Dazu befände sich das Haus gerade in Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium. Es gehe dabei um ein Entlastungsvolumen von 6,5 Milliarden Euro, so Reiche.
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