damit Sicherheit auch bei Extremwetter gewährleistet bleibt – pv magazine Deutschland


Die Tragfähigkeit von Flachdächern großer Industrie- und Logistikhallen ist begrenzt. Bei Starkregen können sich in kurzer Zeit große Wassermassen ansammeln; die Tragfähigkeit wird dann schnell überschritten, besonders, wenn weitere Aufbauten wie Photovoltaik- oder Klimaanlagen auf dem Dach installiert sind. Im schlimmsten Fall droht Einsturzgefahr – mit erheblichen Kosten für den Gebäudebetreiber und Risiken für Menschenleben. Eine digitale, sensorbasierte Überwachung ermöglicht es, frühzeitig zu reagieren und die Sicherheit von Flachdächern dauerhaft zu gewährleisten.

Die Wetterextreme nehmen zu – und mit ihnen die hinterlassenen Schäden. Im Juli 2021 zog das Tiefdruckgebiet „Bernd“ über Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz: Es brachte innerhalb weniger Tage extreme Niederschlagsmengen. In Hagen fielen zum Beispiel über 240 Liter Regen pro Quadratmeter in nur 22 Stunden – das ist mehr als in drei Sommermonaten zusammen. Diese Starkregenfälle überlasteten die Kanalisationen und Entwässerungssysteme zahlreicher Gebäude, darunter auch viele Flachdächer. Sind deren Dachgullys verstopft oder das Gefälle nicht ausreichend, kann das Wasser nicht schnell genug abfließen; die sich ansammelnden großen Wassermengen können zu statischen Überlastungen führen. In Essen etwa stürzte die Zwischendecke eines Discounters ein, weil sich Regenwasser auf dem Flachdach gestaut hatte.

Andere Gebäude zeigten Feuchteschäden, Leckagen oder gravierende strukturelle Probleme durch die Last des Wassers: Wird die Dachhaut durchfeuchtet und durchdrungen, entsteht Schimmel, eine statische Überlastung kann zu einer Deformation der Dachkonstruktion oder zu Einsturzgefahr führen; Hallen und Schulen in Berlin und Nordrhein-Westfalen müssen immer wieder wegen Wasserlast evakuiert werden. Hinzu kommt die Langzeitbelastung – Dachträger können korrodieren und die Statik unbemerkt geschwächt werden.

Studien, unter anderem vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB), weisen seit Jahren auf die zunehmende Gefahr durch Starkregen hin. Sie fordern unter anderem die regelmäßige Inspektion und Überwachung von Flachdächern, insbesondere hinsichtlich Entwässerung, Gefälleausbildung und Gullywartung.

Traglasten von Flachdächern

Das durchschnittliche Flachdach hält eine Traglast von 75 Kilogramm pro Quadratmeter aus. Nach dem Unglück in Bad Reichenhall, als 2006 das marode Dach einer Eissporthalle unter der Schneelast einstürzte und 15 Menschen starben, wurden die Normen für Schneelasten und Baustatik, insbesondere die DIN 1055-5 Einwirkungen auf Tragwerke – Schneelast, überarbeitet und Bemessungsgrenzen für Schneelasten erhöht. Industriehallen, Sporthallen und Gebäude mit großen Dachflächen müssen demnach höhere Lasten tragen können. Im Fall von Starkregen reicht ein Wasserstand von zehn Zentimetern – auf den Quadratmeter gerechnet entspricht das 100 Kilogramm –, um die Dachlast um ein Drittel zu überschreiten. Dachabläufe sollten eigentlich verhindern, dass sich Wasser überhaupt auf dem Flachdach sammelt. Doch die Praxis zeigt, dass ihre Kontrolle immer wieder vernachlässigt wird. Im Starkregen steigt niemand gern aufs Dach, um zu schauen, wie die Lage ist. Überhaupt kann es dann schon zu spät sein: Wird die Dachlast überschritten, darf das Dach nicht mehr betreten und das Gebäude muss gesperrt werden, da der Einsturz droht.

Für Unternehmen bedeutet das den Worst Case, den es unbedingt abzuwenden gilt: Muss zum Beispiel ein Auslieferungslager wegen überschrittener Dachlasten schließen, verliert der Versandhändler pro Tag Einnahmen in Millionenhöhe, weil keine Pakete mehr verschickt werden können. Und im Falle des Einsturzes sind Leib und Leben in Gefahr.

Handlungsfähig bleiben mit smarter Überwachung

Präventive Maßnahmen können helfen, das zu verhindern: die digitale, IoT-basierte Überwachung von Flachdächern mit Wasserstandssensorik. Damit können kontinuierlich Daten zu Regenwasserständen und Windstärke erfasst werden. Wasserstandsensoren überwachen den Pegel in den Regenabläufen und Windmesser erlauben es, die Auswirkungen von Wind auf Dachaufbauten wie Photovoltaik-Anlagen zu überwachen, da starke Böen diese leicht beschädigen können. Ein solches digitales IoT-Monitoring ermöglicht durch die Echtzeitüberwachung der Dachbelastung Prävention: Basisstationen sammeln die Daten der über Funk angeschlossenen Sensoren und stellen sie digital zur Verfügung. Über ein Online-Portal können Betreiber jederzeit auf die Daten zugreifen und Grenzwerte für die maximale Belastung definieren. Überschreiten diese Werte die festgelegten Schwellen, wird automatisch ein Alarm ausgelöst, der den Betreiber per SMS oder E-Mail benachrichtigt. So kann schnell gehandelt werden, etwa durch das Räumen des Daches, bevor es zu einer Katastrophe kommt.

Die Envitron Systems GmbH hat europaweit mehr als 600 Logistik- und Industriehallen mit solchen smarten Überwachungssystemen bestückt. Konzipiert für extreme Witterungsbedingungen, sind sie wetterfest, wasserdicht und widerstandsfähig gegenüber UV-Strahlung und anderen äußeren Einflüssen. Die Sensoren sind autark und benötigen keine externen Stromquellen, da sie über Akkus betrieben werden und die Basisstationen mit Solarpanels ausgestattet sind. Das macht sie nicht nur wartungsfrei, das System kann zudem einfach erweitert und an veränderte Anforderungen angepasst werden: Für große Hallen mit Tausenden Quadratmetern Fläche werden je nach Bedarf zwei Basisstationen und mehrere Sensoren installiert, um alle Daten zuverlässig zu erfassen. Künftig soll auch eine visuelle Überwachung mit Kamerasystemen möglich sein. Dank der Zusammenarbeit mit Meteoalarm, einem europäischen Wettersystem, können Wetterdaten und Unwetterwarnungen für Starkregen, Wind und Schnee alle zwei Stunden landkreisgenau abgerufen werden, was eine noch präzisere Vorhersage und rechtzeitige Alarmierung ermöglicht.

Überwachung für Bestands- und Neubauten

Die Überwachung von Flachdächern ist übrigens nicht nur bei Bestandshallen sinnvoll, die nach der alten Norm gebaut wurden und weniger Dachlast aushalten. Auch bei neuen Hallen, die eine größere Dachlast mitbringen, empfiehlt sie sich: In der Regel werden diese Neubauten mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Ihr Gewicht von etwa 20 Kilogramm pro Quadratmeter reduziert die Regenlast, die das Flachdach aushalten kann.

Fazit

Bei Extremwetterereignissen wie Starkregen können Flachdächer von Industriehallen an ihre Belastungsgrenzen kommen – vor allem, wenn bereits Photovoltaik-Anlagen installiert sind. Ein digitales, sensorbasiertes IoT-System erlaubt es, die Dachlasten kontinuierlich zu überwachen. Unternehmen sehen sofort, wenn Belastungsgrenzen erreicht werden und können rechtzeitig handeln; das System schützt sie nicht nur vor hohen Schäden und Ausfällen, sondern sorgt auch für die Sicherheit von Menschen und Eigentum.

Envitron Systems, Geschäftsführer Reiner Reisch

— Der Autor Reiner Reisch, Inhaber und Geschäftsführer von Envitron Systems, ist Diplomingenieur für Elektrotechnik und entwickelte bereits 2011 eine erste autarke Schneewaage. 2013 wurde sein System „snowcontrol“ mit einer iENA Goldmedaille als beste Produktinnovation des Jahres ausgezeichnet. Das neue satellitengestützte Schneelast-Messsystem zum Monitoring großer Dachflächen wurde von Bayern Innovativ für den „Innovation Leben Award“ nominiert und erhielt außerdem als „Best Snow Load Measurement System – Europe“ einen German Business Award 2021 (Mitarbeit an diesem Beitrag: Nadja Müller, freie Texterin und Journalistin). —

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