Neue Abschreibungsmöglichkeiten zur Förderung gewerblicher PV-Investitionen – pv magazine Deutschland


In der vergangenen Woche hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das für Investoren im Bereich erneuerbarer Energien äußerst interessant sein dürfte: die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter als sogenannter „Investitionsbooster“. Der Bundesrat muss diesem Gesetz noch zustimmen, dies ist für die letzte Sitzung vor der Sommerpause am 11. Juli geplant.

Da sich Bund und Länder allerdings bereits auf einen Ausgleich der zu erwartenden Steuermindereinnahmen von Ländern und Kommunen als Folge des Gesetzes verständigt haben, gilt die Zustimmung des Bundesrats als sehr wahrscheinlich. Für gewerblich betriebene Photovoltaik-Anlagen bietet dieses Gesetz eine spannende Möglichkeit, Investitionen steuerlich attraktiver zu gestalten. Was das im Detail bedeutet und worauf man achten sollte – das erklären wir im Folgenden.

Was bedeutet die degressive Abschreibung?

Grundsätzlich stellt die „Absetzung für Abnutzung“ (kurz: AfA) sicher, dass Investitionen in langlebige Wirtschaftsgüter, wie beispielsweise gewerblich betriebene Photovoltaik-Anlagen, über deren Nutzungsdauer steuerlich absetzbar sind. Aktuell können diese Anlagen nur linear abgeschrieben werden. Das heißt: Der Anschaffungspreis oder die Herstellungskosten werden gleichmäßig über eine Nutzungsdauer von in der Regel 20 Jahren verteilt. Das ergibt einen jährlichen Abschreibungssatz von fünf Prozent. Auf eventuelle Sonderfälle bei Photovoltaik-Anlagen, die (teilweise) zu einer anderen typisierten Nutzungsdauer als 20 Jahre führen können, wird aus Vereinfachungsgründen hier nicht weiter eingegangen.

Mit der neuen Regelung der degressiven Abschreibung wird jedoch ein höherer Abschreibungssatz ermöglicht, vor allem direkt zu Beginn der Nutzungsdauer. Für Photovoltaik-Anlagen könnte dies bedeuten, dass Sie bis zu dreimal so viel wie bei der linearen Abschreibung geltend machen können – also bis zu 15 Prozent jährlich. Ein Wechsel von der bisherigen degressiven zur linearen Abschreibung für die verbleibende Nutzungsdauer ist in Folgejahren jederzeit möglich. Wirtschaftlich macht dies in der Regel dann Sinn, wenn der lineare Abschreibungsbetrag höher wird als der degressive.

Für wen ist die Regelung interessant?

Diese Regelung gilt für gewerblich betriebene Photovoltaik-Anlagen, die zwischen dem 1. Juli 2025 und dem 31. Dezember 2027 angeschafft oder fertiggestellt werden. Entscheidend ist hierbei entweder der Zeitpunkt, an dem das wirtschaftliche Eigentum auf den Käufer übergeht, etwa bei bereits in Betrieb befindlichen Anlagen, oder die Herstellung der Betriebsbereitschaft, also die Fertigstellung und Inbetriebnahme einer neuen Anlage.

Die degressive Abschreibung kann dabei nicht nur das erste Jahr, sondern auch die Jahre danach attraktiv machen – und zwar über den gesamten abgeschriebenen Zeitraum hinweg. Ein höherer Abschreibungsaufwand in den ersten Jahren senkt die Steuerlast, was für viele Investoren gerade in der Startphase eines Projekts von großem Vorteil ist. Die Regelungen sind zudem rechtsformneutral. Sowohl Einzelunternehmer als auch Personen- und Kapitalgesellschaften können das Wahlrecht in Anspruch nehmen und damit die anfängliche Belastung mit Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer senken.

Nicht genutzt werden kann die degressive Abschreibung hingegen für „kleinere“ Photovoltaik-Anlagen, also beispielsweise auf Einfamilienhäusern, die unter die Regelung des § 3 Nr. 72 EStG fallen. Die Erträge aus diesen Anlagen sind seit dem Jahr 2022 komplett steuerfrei und werden somit auch nicht gewerblich betrieben respektive führen nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Zwei wichtige Punkte zur neuen Regelung

In der bisherigen Berichterstattung über den Investitionsbooster werden die damit verbundenen Möglichkeiten häufig nicht klar oder sogar teilweise falsch dargestellt. Hier lohnt sich deshalb ein genauer Blick in den Gesetzestext.

  1. Die höhere AfA gilt nicht pauschal bis Ende 2027

Die Möglichkeit, die degressive Abschreibung anzuwenden, endet nicht mit dem Jahr 2027 – dies betrifft lediglich die Frist für die Anschaffung oder Herstellung / Inbetriebnahme der Anlage. Hat es eine Photovoltaik-Anlage bis Ende 2027 auf das Dach oder die Wiese geschafft und wird in Betrieb genommen, können Investoren die höheren Abschreibungssätze über das Jahr 2027 hinaus weiter nutzen.

  1. Keine pauschale Abschreibung von 30 Prozent

In einigen Berichten stand, dass die degressive Abschreibung eine pauschale Abschreibung von 30 Prozent ermögliche. Dies ist jedoch so nicht korrekt. Für Photovoltaik-Anlagen ist – wie für alle anderen beweglichen Wirtschaftsgüter auch – der maximale Abschreibungssatz auf den dreifachen linearen Satz begrenzt – also hier in der Regel auf maximal 15 Prozent. Höhere Abschreibungen bis zu maximal 30 Prozent sind lediglich für (andere) bewegliche Wirtschaftsgüter möglich, deren typisierte Nutzungsdauer für Zwecke der Abschreibung entsprechend kürzer ist.

Je schneller die Abschreibung, desto höher der Liquiditätsvorteil in den ersten Jahren. Die Neuregelung ist jedoch nur ein temporäres Steuergeschenk. Insgesamt kann auch die Photovoltaik-Anlage natürlich über die Jahre nur einmal abgeschrieben werden. Höhere Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren führen dazu, dass die Abschreibungen in den Folgejahren geringer ausfallen, oder die Photovoltaik-Anlage insgesamt früher bereits komplett abgeschrieben ist.

Rechenbeispiel

Hier ist ein Rechenbeispiel für die Wirkung der Abschreibungsmöglichkeiten anhand einer Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage zum Preis von 100.000 Euro netto, mit einem Steuersatz von 45 Prozent, der Einkommensteuer (ESt), Solidaritätszuschlag (SolZ) und Kirchensteuer (KiSt) beinhaltet. Die Auswirkung auf die Gewerbesteuer wird in diesem Beispiel nicht dargestellt. Ebenfalls nicht eingegangen wird aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die Regelungen und Voraussetzungen zum Investitionsabzugsbetrag (kurz: IAB) nach § 7g EStG.

Annahmen:

  • Anschaffungskosten (Netto): 100.000 Euro
  • Anschaffungszeitpunkt: 01.01.2026
  • Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG im Jahr 1: 40 Prozent der Anschaffungskosten (Voraussetzungen des § 7g gelten hier als erfüllt)
  • Degressive Abschreibung (AfA): 15 Prozent (maximaler Satz) aufgrund der Nutzungsdauer von 20 Jahren
  • Steuersatz: 45 Prozent

Tabelle: Steuerliche Auswirkungen durch Abschreibungsmöglichkeiten

Jahr Abschreibung (AfA) Sonder-AfA (40%) Gesamte Abschreibung Steuerliche Ersparnis (bei 45%) Buchwert Ende des Jahres
1 15.000 € 40.000 € 55.000 € 24.750 € 45.000 €
2 6.750 € 6.750 € 3.037 € 38.250 €
3 5.737 € 5.737 € 2.582 € 32.512 €
4 4.877 € 4.877 € 2.195 € 27.635 €

Wie sieht die Rechnung hier genau aus?

  1. Anschaffungsjahr (Jahr 1):
    • AfA gemäß degressivem Satz: 15% von 100.000 € = 15.000 €
    • Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG: 40% von 100.000 € = 40.000 €
    • Gesamtabschreibung: 15.000 € + 40.000 € = 55.000 €
    • Steuerliche Ersparnis (45%): 55.000 € × 45% = 24.750 €
  2. Folgejahre:
    Da in Jahr 1 55.000 € abgeschrieben wurden, verbleiben 45.000 € als Buchwert. Die Basis für die weitere degressive AfA ab Jahr 2 ist der Buchwert zum Ende des Vorjahres, bis die Investition vollständig abgeschrieben ist.
    • AfA Jahr 2 gemäß degressivem Satz: 15% von 45.000 € = 6.750 €
    • Steuerliche Ersparnis (45%): 6.750 € x 45% = 3.037 €

In diesem Beispiel werden mit Nutzung der Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG in den ersten vier Jahren der Investition insgesamt 72.364 Euro abgeschrieben (= ca. 72 Prozent der Anschaffungskosten). Ohne die degressive Abschreibung und mit Nutzung der Sonder-AfA würde sich in den ersten vier Jahren eine gesamte Abschreibung von 60.000 Euro (100.000 Euro / 20 Jahre = 5.000 Euro x 4 Jahre = 20.000 Euro plus Sonder-AfA von 40.000 Euro) ergeben (= 60 Prozent der Anschaffungskosten). Die um etwa 12.000 Euro höhere Gesamtabschreibung führt bei einem Steuersatz von 45 Prozent zu einer zusätzlichen Steuerersparnis von ca. 5.500 Euro (AfA 72.364 Euro abzüglich 60.000 Euro = 12.364 Euro x 45 Prozent = 5.563 Euro). Diese zusätzliche Liquidität kann der Unternehmer beispielsweise für zusätzliche Investitionen nutzen.

Was bringt das neue Gesetz?

Die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung ist Teil eines steuerpolitischen Maßnahmenpakets zur Förderung von Investitionen. Für Sie als Investor bedeutet die neue Regelung in der Praxis mehr Planungssicherheit und einen echten Vorteil für die Rentabilität Ihres Projekts. Darüber hinaus stärkt es den gesamten Bereich der erneuerbaren Energien in Deutschland, denn attraktive Abschreibungen fördern neue Investitionen – hin zu einer nachhaltigeren Energieversorgung.

Mit dieser Änderung macht der Gesetzgeber klar: Investieren in die Zukunft lohnt sich. Photovoltaik ist dabei nicht nur eine nachhaltige Entscheidung für die Umwelt, sondern mit dem Investitionsbooster auch eine kluge Entscheidung in finanzieller Hinsicht.

— Der Autor Oliver Abram ist Director bei RSM Ebner Stolz am Standort Hamburg. Er berät als Steuerberater unter anderem institutionelle Investoren, Unternehmen und vermögende Privatpersonen umfassend bei ihren Investitionen in Immobilien und erneuerbare Energien. —

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