Jinko Solar erwartet bis 2027/28 andauernde Übergangsphase für Photovoltaik-Markt – pv magazine Deutschland


Frank Niendorf, Jinko Solarpv magazine: Wie läuft das Geschäft für Jinko Solar in Europa und Deutschland?

Frank Niendorf(Foto): Wir befinden uns derzeit in einer Übergangsphase – nicht nur für Jinko, sondern für den gesamten europäischen Photovoltaik-Markt. Der schnelle Photovoltaik-Zubau in den letzten Jahren, in Ländern wie beispielsweise Deutschland, Spanien und den Niederlanden, hat zu beeindruckenden Zuwächsen bei der sauberen Stromerzeugung geführt. Dieses Wachstum hat jedoch strukturelle Engpässe im Energiesystem offengelegt: begrenzte Netzkapazitäten, unflexible Marktregeln und eine fehlende Speicherinfrastruktur. Verzögerungen beim Netzanschluss sind für Entwickler und EPC-Unternehmen zu einer großen Herausforderung geworden, insbesondere in Regionen mit hoher Marktdurchdringung. Gleichzeitig beobachten wir, dass negative Strompreise während der Spitzenzeiten der Photovoltaik-Erzeugung immer häufiger vorkommen – und zwar nicht als Einzelfälle, sondern als wiederkehrendes Muster in Märkten wie beispielsweise Deutschland und den Niederlanden. Dies hat sich direkt auf das Vertrauen der Investoren ausgewirkt und bremst die Installation großer Photovoltaik-Projekte, die sich über den Strommarkt oder PPAs finanzieren sollen.

Rechnen Sie mit einem rückläufigen Zubau?

Wir sehen diese Phase nicht als Marktabschwung, sondern als Phase der Neuausrichtung. Die Grundlagen bleiben solide: Energiesicherheit, Dekarbonisierungsziele und Industriepolitik hängen weiterhin stark von der Photovoltaik ab. Was wir jetzt brauchen, ist die nächste Phase der Energiewende – die großflächige Integration von Speichern, die Modernisierung der Netze und der Einsatz intelligenter Demand-Response-Systeme. Wir gehen davon aus, dass diese Anpassungsphase bis etwa 2026/2027 andauern wird, wenn sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und hybriden Anreize EU-weit durchsetzen. Ab 2027/2028 erwarten wir dann eine starke Beschleunigung der Marktaktivität, insbesondere bei Hybrid- und speichergekoppelten Projekten. Diese Entwicklung wird zur Stabilisierung der Strompreise beitragen und das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen.

Wie wirken sich die negativen Strompreise auf Ihr Geschäft aus? Ist es von Vorteil, dass Sie sowohl Photovoltaik als auch Speicher anbieten?

Ja, negative Strompreise um die Mittagszeit treten mit zunehmender Regelmäßigkeit auf – nicht nur in Deutschland, sondern in mehreren europäischen Ländern. Dies zeigt deutlich, dass die Energiewende in ihre zweite Phase eintreten muss: Wir haben erfolgreich große Mengen erneuerbarer Energie zugebaut, aber Netzinfrastruktur und Systemflexibilität haben nicht mitgehalten. In Deutschland ist das Netz in Zeiten hoher Solarstromerzeugung und geringen Verbrauchs oft überlastet, was zu negativen Großhandelspreisen führt. Das stellt die Erlösmodelle reiner Photovoltaik-Projekte unter Druck und erhöht die Unsicherheit für Anlagenbetreiber und Investoren. Bei Jinko sehen wir dies nicht als Rückschlag, sondern als entscheidenden Wendepunkt. Dank unseres ganzheitlichen Portfolios können wir Photovoltaik- und Speichersysteme mit dem Jinko-Qualitätsversprechen aus einer Hand anbieten. Unsere Hybridlösungen optimieren den Eigenverbrauch, verlagern die Erzeugung auf profitablere Zeitfenster und stabilisieren das Netz. Sie sind besonders attraktiv für Gewerbe- und Versorgungsunternehmen, die sich gegen Preisschwankungen absichern wollen. Wichtig ist zu verstehen: Negative Strompreise bedeuten nicht, dass wir zu viel Solarstrom haben – sondern zu wenig Systemflexibilität. Die Europäische Kommission und nationale Regierungen haben das erkannt. Überall in Europa entstehen neue Kapazitätsauktionen, Anreize für Hybridprojekte und netzunterstützende Maßnahmen. Mit unserem Technologie- und Produktportfolio sind wir hervorragend aufgestellt, um diese neuen Anforderungen zu erfüllen.

Ist die Nachfrage nach Batteriespeichern gestiegen?

Ganz gewaltig sogar. In ganz Europa – nicht nur in Deutschland – erleben wir einen Nachfragetrend, der selbst unsere kühnsten Erwartungen übertrifft. Unsere Speichersysteme sind inzwischen trotz Kapazitätsausbau komplett ausverkauft. Wir bauen unsere Fertigung und strategischen Partnerschaften weiter aus, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Dieser neue Megatrend wird durch Preisvolatilität, Energiesicherheitsbedenken und politische Signale aus vielen EU-Staaten getrieben. Speicher gelten nicht mehr nur als Backup-Lösung, sondern als unverzichtbare Infrastruktur für das Energiesystem der Zukunft.

Welche politischen Signale sehen Sie in den EU-Staaten?

Italien unterstützt mit dem FER2-Programm hybride Photovoltaik- und Speicherprojekte. Spanien reformiert sein Auktions- und Netzsystem, um Flexibilität zu belohnen. Frankreich und die Niederlande zeigen starkes wirtschaftliches Interesse – insbesondere bei Spitzenlasttarifen und der Reserveleistung. Auch Polen, Ungarn und andere mittelosteuropäische Länder führen unterstützende Mechanismen für die Kopplung von Photovoltaik und Speicher ein. Kurz gesagt: Der Speichertrend hebt gerade richtig ab. Energieversorger, IPPs und gewerbliche Betreiber sehen Speicher als Kernbestandteil ihrer Energiestrategie. Jinko hat diesen Wandel früh erkannt und bietet heute passgenaue, integrierte Lösungen für diesen neuen Standard.

Welcher Sektor in Deutschland birgt das größte Potenzial?

Ganz klar: der gewerbliche und industrielle (C&I) Sektor. Vom Mittelständler bis zum Konzern – Unternehmen wollen Energieautonomie, Kostensicherheit und Klimaneutralität. Photovoltaik, vor allem in Kombination mit Speicher, unterstützt all diese Ziele. Die Energiepreisvolatilität der letzten Jahre hat viele Firmen dazu gebracht, ihre Beschaffungsstrategie neu zu denken. Energie wird zunehmend als strategisches Gut betrachtet. Mit sinkenden Preisen für n-Typ-Topcon-Module und wachsendem Speicherangebot war der Business Case für C&I-Solaranlagen noch nie so überzeugend. Besonders groß ist auch das Potenzial bei der Nachrüstung ungenutzter Dachflächen. Reformen wie das „Solarpaket 1“ in Deutschland und EU-weite Genehmigungsvereinfachungen dürften hier zusätzliche Dynamik entfalten.

Wie sieht es auf dem EU-Markt allgemein aus?

Das C&I-Segment ist derzeit der am schnellsten wachsende Bereich im europäischen Photovoltaik-Markt – in vielen Ländern sogar vor dem Residential-Sektor. In Spanien und Portugal treiben hohe Tagestarife den Eigenverbrauch. Frankreich fördert Photovoltaik auf Dienstleistungsgebäuden, Österreich und Belgien stärken Anreize für Gewerbe- und Logistikstandorte. Zudem steigt der Druck von Investoren, Aufsichtsbehörden und Stakeholdern in der Lieferkette, den CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Photovoltaik- und Speicherlösungen vor Ort gehören dabei zu den sichtbarsten und effizientesten Maßnahmen. Die Kunden suchen heute keine Einzelkomponenten mehr – sie wollen bankfähige Komplettlösungen: Hochleistungsmodule wie Tiger Neo, integrierte Speicher, smarte Überwachung und verlässlichen Service. Das ist genau das, was wir bei Jinko Solar bieten.

Wie wichtig ist der europäische Markt im Vergleich zu China?

Deutschland und Europa sind seit vielen Jahren strategische Kernmärkte für Jinko. Diese Regionen setzen regelmäßig neue Standards – in Qualität, Compliance und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig dienen sie als Innovationsdrehscheibe und regulatorisches Labor, wodurch wir an der Spitze von Trends wie Digitalisierung und Dekarbonisierung bleiben können. China bleibt trotz allem der wichtigste globale Wachstumsmotor mit stabilen und steigenden Installationszahlen. In der ersten Jahreshälfte 2025 machte China mehr als 50 Prozent des weltweiten Zubaus aus – zu Preisen, die im ersten und zweiten Quartal sogar über dem europäischen Niveau lagen. Doch trotz der starken Nachfrage durchlebt die Branche eine Phase massiver Überkapazität, die eine überfällige Konsolidierung erforderlich macht.

Warum ist diese Konsolidierung notwendig?

Modulpreise befinden sich auf historischen Tiefständen – teils deutlich unter den Produktionskosten. Bei über einem Terawatt Produktionskapazität, aber nur etwa 600 Gigawatt weltweiter Jahresnachfrage ist das Ungleichgewicht enorm. Eine Konsolidierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist notwendig, um das Marktgleichgewicht wiederherzustellen und Preisstabilität zu erreichen.

Dazu kommen auch noch die Reformen in China, oder?

China durchläuft derzeit einen strategischen Wandel – sowohl in der Förderpolitik als auch in der Industrieentwicklung. Die Regierung überarbeitet die Anreizstruktur, um Überkapazitäten zu vermeiden und die Systemeffizienz zu verbessern. Die Industrie forciert Konsolidierung, Technologiewechsel und höhere Nachhaltigkeitsstandards. Diese Entwicklungen sind nicht nur notwendig, sondern gesund – sie führen zu einer stärkeren, stabileren und global wettbewerbsfähigen Solarindustrie.

Bereiten Sie sich mit Ihren Produkten bereits auf die nächste Phase vor?

Auf der Produktseite sind wir weiterhin sehr zuversichtlich in Bezug auf unsere n-Typ Topcon-Technologie – insbesondere dank der Einführung unseres neuen Hocheffizienzprodukts Tiger Neo 3.0, das auf der SNEC vorgestellt wurde. Dieses Modul der dritten Generation bietet einen Zellwirkungsgrad von 26,7 bis 27 Prozent, eine Leistung von 650 bis 670 Watt pro Modul und einen bifazialen Faktor von etwa 85 Prozent. Die erste Produktion begann im Juni, und wir bereiten uns derzeit auf die Massenverfügbarkeit im dritten und vierten Quartal 2025 vor. Gleichzeitig investieren wir mit Hochdruck in Technologien der nächsten Generation. Derzeit testen wir die Perowskit/Topcon-Tandemarchitektur, die in zertifizierten Laborumgebungen bereits Wirkungsgrade von über 34 Prozent erreicht hat. Diese Technologien befinden sich zwar noch in der Forschung und Entwicklung, sind aber äußerst vielversprechend und könnten den nächsten Quantensprung in der Modultechnologie bedeuten. In der Zwischenzeit erweitern wir intensiv unser Energiespeicherportfolio. Das ermöglicht es uns, weltweit hybride, also Photovoltaik plus Speicher), voll integrierte und bankfähige Lösungen aus einer Hand anzubieten. Der Markt entwickelt sich weiter – und wir uns auch, mit atemberaubender Geschwindigkeit.

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