Sie haben Green Flexibility gegründet. Dann lief es eine Weile unter dem Radar, aber jetzt sieht man immer mehr von dem Unternehmen. Was haben Sie vor?
Am Anfang läuft es allein deswegen schon immer unter dem Radar, weil viele Dinge vorbereitet werden müssen. Wir sind ja auch noch jung, uns gibt es erst seit etwa 14 Monaten. Unser Ziel ist es, einen signifikanten Unterschied in Europa zu machen. Wir wollen uns, obwohl wir im Moment in Deutschland fokussiert sind, auch andere europäische Märkte ansehen. Ein signifikanter Unterschied besteht aus unserer Sicht darin, dass wir nicht nur ein Projekt hier und da machen können, sondern dass wir massiv in den Markt gehen und so viel Speicherkapazität aufbauen können, dass sie einen tatsächlichen Unterschied macht und dem Energiesystem hilft, die Probleme, die mit der Energiewende verbunden sind, zu lösen. Wir wollen beitragen, Lösungen zu finden, unsere Speicher als aktiven Bestandteil der regionalen Netzunterstützung zu etablieren.
Also geht es Ihnen nicht nur um Marktdienlichkeit, mit der man viel Geld verdienen kann?
Ja, sonst macht es ja keinen Sinn. Klar will und muss man als Unternehmer immer auch Geld verdienen. Aber warum wird man ausgerechnet in dieser Branche Unternehmer und nicht irgendwo anders? Weil man hier einen Beitrag leisten will. Die Idee von Speichern war schon immer, dass sie die Volatilitäten reduzieren, die dazu führen, dass ökonomisch sinnlose Dinge rauskommen, wie dass Abregeln von Windrädern und der nicht erzeugte, aber dennoch vergütete Strom. Das Thema war bei Sonnen ähnlich, als wir vor 15 Jahren gegründet haben.
Wie werden die Großspeicher netzdienlich?
Unser erstes Projekt ist ein Joint Venture mit den Allgäuer Überlandwerken, einem regionalen Stromversorger direkt bei uns vor Ort. Das Allgäu ist eine spezielle Region mit einem ganz spezifischen Profil sowohl in der Erzeugung als auch im Verbrauch. Wir haben hier zum Beispiel sehr viel Solar und Wasserkraft, aber kaum Wind. Wenn man einen Speicher an der europäischen Strombörse vermarktet, dann bekommt man ein Preissignal, das ein Aggregat von den Angebot-Nachfrage-Situationen in ganz Europa ist. Wir haben mit dem Netzbetreiber Allgäu Netz daher eine Regelung getroffen, dass sie zeitweise in den Betrieb des Speichers eingreifen und dafür sorgen können, dass der Speicher nicht zur regionalen Belastung wird.
Treffen Sie Christoph Ostermann am 16. Juli
Christoph Ostermann, Gründer und CEO von Green Flexibility, können Sie am 16. Juli auf dem Battery Business & Development Forum in Frankfurt treffen, das Conexio und pv magazine organisieren.
Die Veranstaltung ist für alle gedacht, die Batteriegroßspeicher planen oder in sie investireren wollen, und mehr wissenwollen, zum Beispielüber Netzanschluss, Baugenehmigung, technische Planung, Vermarktung oder Finanzierung. In einem kompakten Tag behandeln wir die wichtigsten Aspekte mit Fokus auf Deutschland und Italien sowie mit Ausblick auf andere europäische Länder.Â
Bereits am Vorabend können Sie auf der Networking-Reception Projektentwickler und Kapitalgeber treffen. Mehr Infos und zur Anmeldung
Stört das beim Vermarkten?
Das stört uns beim Vermarkten einfach deswegen, weil wir als Unternehmen natürlich unser wirtschaftliches Ergebnis zu optimieren versuchen. Wenn ich entsprechend der Signale des europäischen Strommarkts handele, nutze ich den Speicher auf die wirtschaftlichste Art und Weise. Wenn der Netzbetreiber eingreift, nutze ich ihn in diesem Sinne weniger optimal. Allerdings ist ja die Frage: Wie kann dieses Entgegenkommen honoriert werden? Der Netzbetreiber ist in den meisten Fällen schon bereit, etwas dafür anzubieten. Es gibt diesbezüglich Vereinbarungen, die für beide Seiten vertretbar sind. Zum Beispiel ein reduzierter Baukostenzuschuss. Oder eine Vergütung bei einem Eingriff. Man findet Lösungen.
Wieviel Kapazität wollen Sie bauen?
Um signifikant sein zu wollen, denken wir schon an mindestens zehn Gigawatt in den kommenden zehn Jahren, was mit unserer aktuellen Pipeline übereinstimmt. Wir haben das große Glück, dass wir mit der Partners Group einen finanziell sehr potenten Mitgesellschafter haben und eine erste Tranche von 400 Millionen Euro Eigenkapital bereitgestellt bekommen. Die Partners Group fühlt sich mit größeren Tickets sehr wohl, und arbeitet normalerweise mit Beträgen pro Portfoliogesellschaft von 1,5 Milliarden Eigenkapital. Wenn wir das auf Projektebene mit Fremdkapital hebeln, haben wir das Thema Kapital gelöst. Unsere Aufgabe ist jetzt, dafür zu sorgen, dass dieses Kapital Projekten zufließt, wo man unter möglichst guten Bedingungen langfristig eine möglichst gute Rendite erzielen kann.
Sie entwickeln Projekte selbst. Kaufen Sie auch Projekte?
Ja, wir machen beides. Wir haben bei Green Flexibility sozusagen verschiedene Hüte auf: Zum einen sind wir Projektentwickler, gleichzeitig aber auch Investoren, weil wir die Projekte selbst finanzieren und nicht verkaufen. Wir investieren also in die eigenentwickelten, aber auch in zugekaufte Projekte. Zum anderen sind wir auch EPC, da wir die Projekte selbst errichten, und natürlich am Ende der langfristige Betreiber.
Worauf achten Sie bei den Projektenangeboten?
Wir sind im Unterschied zu einem reinen Finanzinvestor nicht darauf angewiesen, dass uns ein Projektverkäufer ein Projekt anbietet, das schon fix und fertig, also ready-to-build ist. Wir wünschen uns aber, dass ein Netzanschluss zugesagt ist. Das ist in der Praxis der Engpass. Das Projekt sollte größer als zehn Megawatt sein. Wir haben zudem eine Präferenz dafür, dass 2028 spätestens ans Netz gegangen werden kann – ist aber keine zwingende Voraussetzung. Der Grund ist: Je weiter das Projekt in der Zukunft liegt, umso weniger kann ich abschätzen, wie ich den Preis, den ich heute schon bezahlen muss, amortisieren kann. Wir können im Übrigen auch Co-Developments machen, wo gemeinsam etwas entwickelt wird, und wo wir das einbringen, was der andere Partner nicht hat.
Ist der Markt schon so weit, dass Sie viele Projekte angeboten bekommen, und gibt es etwas, was immer wieder stört?
Ja, wir kriegen viele Projekte angeboten. Was aktuell mit Goldgräberstimmung betitelt wird, bedeutet, dass viele Leute diverse Projekt-Aktivitäten in puncto Speicher entfalten. Das sorgt dafür, dass die Anfragen beim Netzbetreiber explodieren. Aktuell gibt es daher Fälle, wo der Netzbetreiber den Baukostenzuschuss zu 50 Prozent angezahlt haben möchte, bevor er eine Netzzusage macht. Der Baukostenzuschuss liegt ungefähr zwischen 50.000 und 150.000 Euro pro Megawatt, würde ich sagen. Banken finanzieren das auch nicht gerne, daher fallen viele raus, weil sie das Geld nicht haben. Die Entwickler suchen in diesen Fällen dann jemanden, der einsteigt. Deswegen bekommt man im Moment relativ viele Projekte angeboten. Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Die meisten Verkäufer sagen, sie haben ein tolles Projekt im Ready-to-build-Status. Wenn man genauer hinsieht, ist es jedoch nicht immer ready-to-build. Das ist eine Erfahrung, die viele Investoren in dem Bereich machen.
Wir überspringen die Bauphase. Wenn der Speicher fertig ist, muss man ihn vermarkten. Wie machen Sie das?
Eigentlich müsste man erwarten, dass wir hier eine klare und langfristige Strategie haben. Aber dieser Markt ist noch sehr jung und uns ist es wichtig, die verschiedenen Vermarktungsangebote auch auszuprobieren, wie beispielsweise Tolling. Allerdings sind die meisten Tolling-Angebote noch relativ unattraktiv. Letztes Jahr konnte man fully merchant eine gute Wirtschaftlichkeit erzielen. Da gab es für einen 2-Stunden-Speicher in der vollen Vermarktung ungefähr 300.000 Euro pro Megawatt. Im Tolling sind es dann eher 150.000 Euro. Das heißt, die Hälfte des Values, den man erzielen kann, gibt man an den Toller ab. Das ist eine ganze Menge und nicht so attraktiv. Gleichzeitig könnte man in einer Situation sein, wo man dringend darauf angewiesen ist. Wenn man einen Großteil des Projekts mit Fremdkapital von der Bank finanzieren will, bestehen einige Banken darauf, dass das Projekt ins Tolling gebracht wird. Wir haben einen sehr ausführlichen Analyseprozess gemacht und uns fast 20 Tolling-Anbieter angesehen. Wir glauben, dass der Markt noch jung ist und sich entwickelt.
Im Übrigen birgt auch Tolling Risiken, die man nicht übersehen darf.
Ja. Die Technologie von Speichern ist nicht risikolos. Zum Beispiel ist in Kalifornien vor nicht zu langer Zeit ein Speicher abgebrannt. Das ist ein ganz extremer Fall. Man wird aber aus verschiedenen Gründen Ausfallzeiten haben und wird vielleicht auch negative Überraschungen erleben, etwa dass ein Speicher viel schneller degradiert, also dass die Speicherkapazität viel schneller abnimmt als gedacht. Ausfallzeiten werden im Tolling teils stark mit Penalities bestraft, so dass man sich das vielleicht nicht leisten kann. Man verzichtet also nicht nur auf 50 Prozent der Upside, sondern geht auch Strafzahlungsverpflichtungen ein, wenn irgendwas nicht läuft. Die können einem als Betreiber den Kopf kosten, weil man nicht mehr kapitaldienstfähig ist.
Es ist unklar, wie es mit der Netzentgeltbefreiung nach 2028 weitergeht. Ist das ein Risiko, mit dem Sie leben können?
Ja. Wir sehen das auch, aber es gibt ja viele andere Themen, wie etwa der weitere Zubau an Erneuerbaren und der tatsächliche Zubau von Speichern. Oder wie ist die Entwicklung der Regelenergiemärkte? Es gibt so viele Unsicherheitsfaktoren und alle haben eine Auswirkung auf den Marktpreis, welcher entscheidend ist für die Wirtschaftlichkeit. Ich höre die Diskussion um die Netzentgeltbefreiung, aber im Vergleich zu den anderen Unsicherheitsfaktoren mache ich mir darüber weniger Sorgen. Die Regulatoren werden schon erkennen oder haben schon erkannt, dass Speicher benötigt werden.
Das heißt, Ihr Vertrauen als Investor kommt daher, dass Sie die Einschätzung haben, dass man die Speicher benötigt und es deshalb einen Weg geben wird, sie zu bauen.
Genau, man braucht sie und deswegen wird es einen Weg geben, der Marktteilnehmern, Netzbetreibern, Investoren, und wer immer die Marktteilnehmer sein werden, ermöglicht, diese benötigte Lösung unter wirtschaftlichen Bedingungen umsetzen zu können.
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