Vor ein paar Wochen sahen wir den Geschäftsabschluss aus dem Jahr 2024. Es gab dort ja spürbare Einbußen. Hat das Auswirkungen auf Ihre Strategie für 2025?
Nach einem außergewöhnlich starken Wachstum im Jahr 2023, verzeichneten wir 2024 deutliche Rückgänge in zwei unserer drei Segmente. Während sich die Kraftwerkssparte weiterhin positiv entwickelte und ein Umsatzwachstum von rund 40 Prozent erzielte, gingen die Umsätze in den Segmenten Home und Commercial Solutions um etwa 65 Prozent zurück. Ursächlich für diese Entwicklung ist eine veränderte Marktdynamik: In den Jahren 2022 und 2023 hatten unsere Kunden, vor allem Distributoren, aufgrund massiver Lieferengpässe infolge der Covid-19-Pandemie und des Kriegsbeginns in der Ukraine überdurchschnittlich hohe Mengen bestellt. 2024 normalisierte sich die Marktsituation deutlich. Die Nachfrage ging spürbar zurück, und viele unserer Kunden verfügten zudem über hohe Lagerbestände. Insgesamt sank unser Umsatz von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf 1,53 Milliarden Euro im Jahr 2024. In Gigawatt gemessen haben wir im Jahr 2024 nahezu das Niveau des Vorjahres erreicht, mit einem Liefervolumen von 19 Gigawatt, ein Gigawatt weniger als 2023. Dabei ist die Division Large-Scale und Project Solutions mit einem geschätzten Anteil von etwa 75 Prozent am Gesamtumsatz unser größter Bereich. Im Zuge unseres laufenden Restrukturierungs- und Transformationsprogramms haben wir die Segmente Home und Commercial Solutions zu einer neuen Division Home and Business Solutions zusammengeführt.
Hat das personelle Konsequenzen?
Wir haben frühzeitig erkannt, dass sich der Markt nicht kurzfristig erholen wird, und bereits im September 2024 ein umfassendes Restrukturierungs- und Transformationsprogramm gestartet. Ein zentraler Bestandteil war ein Freiwilligenprogramm, das mittlerweile erfolgreich abgeschlossen ist. In Deutschland konnten wir dadurch eine signifikante Anzahl an Stellen sozialverträglich abbauen. Auch in weiteren Niederlassungen wurden organisatorische Anpassungen vorgenommen. Zusätzlich haben wir Zeitarbeitsverhältnisse beendet und befristete Verträge deutlich reduziert. Im Rahmen der Neuausrichtung haben wir außerdem beschlossen, zwei Standorte, in der Türkei und in Südafrika, zu schließen beziehungsweise deren Schließung einzuleiten.
Wenn wir auf das Segment der kleineren Anlagen schauen: Dort herrscht natürlich ein enormer Preisdruck, hauptsächlich durch die Konkurrenz aus China. Sollte der europäische Markt Ihrer Meinung nach dem etwas entgegensetzen?
Ich würde mir wünschen, dass bei der Entscheidung für ein Solarsystem stärker darauf geachtet wird, dass ein relevanter Teil der Wertschöpfung aus Europa stammt. Aspekte wie Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und Sicherheit sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Ein konkretes Beispiel: Eine typische größere Photovoltaik-Anlage für ein Einfamilienhaus, inklusive Speicher mit einer Leistung von rund zehn Kilowatt, kostet rund 20.000 Euro. Der Anteil der Wechselrichtertechnik an diesen Gesamtkosten liegt bei grob zehn Prozent. Selbst bei einem Preisunterschied von 20 Prozent zwischen einem Wechselrichter aus Europa und einem aus China ist der Gesamtkostenunterschied sehr gering, wenn man dafür eine Lösung erhält, die höchsten Ansprüchen an Qualität, Lebensdauer, Nachhaltigkeit und Datensicherheit gerecht wird. Eine bewusste Entscheidung für europäische Produkte stärkt zudem den hiesigen Technologiestandort und macht die Energiewende resilienter. Ein Aspekt, der im Zusammenhang mit Versorgungssicherheit oft unterschätzt wird, ist Cybersecurity. Daten, die die Nutzerinnen und Nutzer unserer Wechselrichter betreffen, werden vollständig in Deutschland gespeichert, und auch unsere Software wird ausschließlich in Deutschland entwickelt. Das schafft ein hohes Maß an Schutz vor unautorisierten Zugriffen, ein Thema, das besonders im Home- und Gewerbebereich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Hintergrund: Rund 80 Prozent der verbauten Photovoltaik-Anlagen einschließlich Wechselrichter, in Deutschland, stammen von chinesischen Firmen. Viele davon sind fernsteuerbar aus dem Ausland. Das birgt erhebliche Cyberrisiken, die sich durch die Wahl europäischer Technologie vermeiden lassen. Wenn man also Aspekte wie Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und IT-Sicherheit ganzheitlich betrachtet, wird deutlich: Für einen vergleichsweise geringfügig niedrigeren Preis verzichtet man bei außereuropäischen Lösungen auf entscheidende Qualitätsmerkmale. Aus meiner Sicht wäre es daher sinnvoll, wenn sich die Europäische Union stärker für eine strategische Stärkung europäischer Wertschöpfung engagiert, nicht über Zölle, sondern über klare Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass kritische Infrastruktur, wie die Energieversorgung, auf einer verlässlichen, europäischen technologischen Basis steht.
Gerade bei den Energiemanagementsystemen entstehen ja viele neue Angriffspunkte. Das sind klassische Einfallstore für Cyberangriffe. Sie sagten bereits, dass ihre Daten in Deutschland gehostet werden. Aber das ist nur ein Teil der Cybersicherheit. Wie sichern Sie Ihre Systeme darüber hinaus ab?
Ein zentraler Aspekt unserer Sicherheitsstrategie ist, dass unsere gesamte Software vollständig im eigenen Haus entsteht, von der Firmware über die Kommunikationslösungen bis hin zu den Apps. Auch die Cloud-Anbindung und die gesamte Datenverarbeitung gehören dazu. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Schutz vor Cyberangriffen. Unsere Systeme werden kontinuierlich umfangreichen Sicherheitstests unterzogen. Dazu zählen auch gezielte Simulationen externer Angriffe, mit denen potenzielle Schwachstellen frühzeitig identifiziert und behoben werden. So stellen wir sicher, dass unsere Lösungen höchsten Sicherheitsstandards entsprechen.
Es gibt inzwischen Förderprogramme, in Österreich und Litauen, bei denen es Zuschüsse für europäische Produkte gibt, die sich aus den NZIA-Vorgaben ableiten. Macht sich das bei SMA schon bemerkbar?
SMA wird bis Ende des Jahres über eine Fertigungskapazität von mehr als 40 Gigawatt pro Jahr verfügen. Vor diesem Hintergrund erscheint das Ziel von 30 Gigawatt Fertigungskapazität bis 2030, wie es im aktuellen Förderprogramm genannt wird, als eher symbolischer Schritt. Wer tatsächlich eine industrielle Hebelwirkung erzielen möchte, muss deutlich umfassendere Maßnahmen ergreifen. Gerade im Vergleich zu anderen Schlüsselkomponenten der Energiewende wird deutlich, wo Handlungsbedarf besteht: Solarmodule stammen bereits zu über 95 Prozent aus China, Batterien größtenteils ebenfalls aus Asien. Beide Technologien beinhalten vergleichsweise wenig softwarebasierte Intelligenz. Anders verhält es sich bei Wechselrichtern und beim integrierten Energiemanagement, dem „Gehirn“ moderner Energiesysteme. Diese Komponenten sind vernetzt, steuerbar und damit sicherheitsrelevant. Deshalb sollte hier deutlich genauer hingeschaut werden: politisch, strategisch und auch mit Blick auf die Sensibilisierung von Nutzerinnen und Nutzern. Denn wer langfristig eine resiliente, sichere und technologisch führende Energiewirtschaft in Europa anstrebt, muss diese Kerntechnologien gezielt stärken.
Sie sprechen sich gegen Zölle aus. In den USA hingegen wurden kürzlich auf verschiedenste Produkte neue Zölle eingeführt. Hat das Auswirkungen auf Ihr Geschäft – insbesondere auf die Kraftwerkssparte?
Die derzeit in den USA diskutierten Strafzölle auf Photovoltaik-Module, zum Teil von bis zu 145 Prozent, hätten massive Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Solarprojekten. Steigen die Preise in diesem Umfang, sind viele Projekte schlicht nicht mehr rentabel. Das gilt ebenso für Batteriespeicher, bei denen ebenfalls mit Preissteigerungen durch Handelsmaßnahmen zu rechnen wäre. In Europa stellt sich die Frage nach möglichen Schutzinstrumenten für Wechselrichter, etwa Zölle, Quoten oder andere regulatorische Maßnahmen. Diese Diskussion ist legitim und notwendig, vor allem im Hinblick auf intelligente Systemkomponenten wie Wechselrichter und Energiemanagementlösungen, bei denen aus unserer Sicht ein klarer Handlungsbedarf besteht. Sollten die USA tatsächlich drastische Zölle einführen, wäre der Markt dort stark eingeschränkt, auf das, was US-Hersteller liefern können. Das aber reicht bei Weitem nicht aus, um die angestrebten Ausbauziele der amerikanischen Energiewende zu erreichen. Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau, insbesondere im Large-Scale-Bereich. Hier sourcen wir bereits heute einzelne Komponenten wie Transformatoren oder Schaltanlagen lokal in den USA und prüfen derzeit, inwieweit wir diese lokale Wertschöpfung weiter ausbauen können.
Lassen Sie uns noch einen Blick auf die weitere technologische Entwicklung werfen. Was steht da 2025 an?
Ein zentraler Faktor für Versorgungssicherheit ist die Stabilität der Stromnetze. In diesem Bereich ist SMA technologischer Vorreiter. Das zeigt sich unter anderem in Australien, wo wir leistungsfähige Lösungen zur Netzsimulation und Netzstabilisierung liefern, die selbst die besonders hohen regulatorischen Anforderungen vor Ort erfüllen. Unsere Systeme übernehmen heute Aufgaben, die bislang konventionellen Synchrongeneratoren vorbehalten waren, etwa die Bereitstellung von Momentanreserve. Damit können wir Herausforderungen wie eine sehr hohe Photovoltaik-Penetration oder Netzschwingungen, wie sie beispielsweise in Spanien aufgetreten sind, zuverlässig bewältigen, teilweise sogar effizienter als fossile Kraftwerke. Durch den Einsatz moderner Leistungselektronik in Kombination mit Speichersystemen sind wir in der Lage, künstliche Trägheit bedarfsgerecht ins Netz einzuspeisen. Diese Fähigkeit ist essenziell, um auch in einem vollständig erneuerbaren Energiesystem Netzstabilität und Versorgungssicherheit dauerhaft zu gewährleisten.
Mit der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz und der Ernennung von Katherina Reiche zur Bundesministerin für Wirtschaft und Energie stellt sich die Frage: Welche Erwartungen haben Sie an Frau Reiche in den kommenden Monaten und Jahren?
In den vergangenen Jahren konnten wir zahlreiche konstruktive Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern führen – angefangen bei der Bundesregierung unter Peter Altmaier bis hin zu Robert Habeck, der Wirtschaft, Energie und Klimaschutz erstmals in einem Ressort vereint hat. Mit der neuen Regierungsstruktur ändert sich nun einiges: Das Wirtschafts- und Energieministerium wird künftig von Frau Reiche (CDU) geleitet, während das Klima- und Umweltressort an Carsten Schneider (SPD) geht. Diese neue Aufteilung birgt aus unserer Sicht das Risiko einer politischen Bruchstelle. Denn Energie-, Klima- und Industriepolitik müssen zwingend gemeinsam gedacht und umgesetzt werden. Ohne enge inhaltliche Abstimmung droht die Gefahr, dass zentrale Ziele verwässert oder gar gegeneinander ausgespielt werden. Ein konkretes Beispiel ist das geplante Sondervermögen: Von den insgesamt 500 Milliarden Euro sind rund 100 Milliarden für Klima und Umwelt vorgesehen. Wenn daraus substanzielle Mittel, etwa 40 Milliarden, gezielt in den Ausbau von Photovoltaik und anderen erneuerbaren Energien investiert werden, wäre das ein klares Signal für den Wandel. Werden diese Mittel jedoch überwiegend in fossile Infrastrukturen wie Gasreserven umgelenkt, droht ein Rückschritt statt Fortschritt. Für uns ist außerdem entscheidend, dass die Ausbauziele für erneuerbare Energien, die in den letzten Jahren mit großer Mehrheit beschlossen wurden, auch unter der neuen Regierung Bestand haben. Nur so können Planungssicherheit und Investitionsbereitschaft in der Branche erhalten bleiben. Wir setzen uns daher klar für eine enge Verzahnung der beiden Ministerien ein und erwarten dies auch von der neuen Regierung. Denn nur durch eine kohärente Politik lassen sich bezahlbare Strompreise auf Basis erneuerbarer Energien langfristig sichern. Gleichzeitig geht es um industrielle Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Deutschland. Erneuerbare Energien müssen als strategische Industrie erkannt und entsprechend gefördert werden, mit genau diesem Anspruch gehen wir in die Gespräche mit den neuen Verantwortlichen.
Umsatzeinbußen im Jahresergebnis, ein NZIA, der im Heimatmarkt vielleicht bislang nicht so greift, wie erhofft, mögliche weitere Zollkonflikte mit den USA, die selbst die gut laufende Kraftwerkssparte belasten könnten – und nun auch noch politische Sollbruchstellen in Deutschland. Was stimmt Sie unter diesen Voraussetzungen trotzdem positiv für das kommende Jahr?
Wir sind positiv gestimmt, da es uns gelungen ist, unsere Kostenstruktur deutlich zu senken. Auf dieser Basis erwarten wir, dass wir unseren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr stabil halten können. Besonders erfreulich ist die Entwicklung im Large-Scale-Bereich in Australien und Europa, und wir setzen darauf, dass sich diese Märkte weiterhin positiv entwickeln. Gleichzeitig hoffen wir auf eine Erholung des abgeflauten Marktes für Aufdachanlagen. Natürlich gab es auch Jahre, in denen wir optimistischer waren. Die Unsicherheiten durch mögliche Zölle aus den USA belasten die Situation zusätzlich. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir durch unsere gestraffte Kostenbasis die Profitabilität auch bei stagnierendem Umsatz steigern können. Ich bin fest überzeugt vom Potenzial der Photovoltaik: Sie ist die kostengünstigste Form der Stromerzeugung und trägt gleichzeitig erheblich zur Versorgungssicherheit bei, weil sie dezentral funktioniert und sich hervorragend ins Stromnetz integrieren lässt. Genau hier sehen wir unsere technologische Stärke und unsere Chance für die Zukunft.
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