Eine rechtwissenschaftliche Studie sowie Handlungsempfehlungen für das Zusammenspiel von ÖPNV und Energiewirtschaft hat das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) vorgelegt. Hintergrund ist der Umbruch im öffentlichen Personennahverkehr: „Angesichts europäischer und nationaler Klimaschutzmaßnahmen wie dem Emissionshandel ist davon auszugehen, dass die Betriebskosten für fossil betriebene Fahrzeuge in den kommenden Jahren merklich ansteigen werden. Aufgrund ihrer Fahrleistung sind davon insbesondere Linienbusse betroffen. Die ÖPNV-Betreiber – auch im ländlichen Raum – investieren deshalb in den Ausbau der Elektromobilität“, so Matthias Hartwig, Leiter des Fachbereichs Mobilität am IKEM.
Um eine Überlastung der Stromnetze insbesondere auf Verteilernetzebene zu vermeiden, hat das IKEM gemeinsam mit Partnern im Projekt „Entwicklung und Umsetzung eines nachhaltigen und innovativen Systemintegrationskonzepts für die Sektorenkopplung von Verkehr und Strom“ (EuniS) untersucht, wie Batterien von Elektrolinienbussen mit bidirektionalem Laden zur Optimierung des Lastmanagements und zu einem stabilen Stromnetz beitragen können. Außerdem sollte ermittelt werden, welche wirtschaftlichen Anreize sich aus solchen Systemdienstleistungen für die Betreiber ergeben.
Der rechtlichen Analyse zufolge ist unter den aktuellen energierechtlichen Rahmenbedingungen eine Teilnahme des ÖPNV am Strommarkt grundsätzlich möglich: Die Betreiber können mit den Batterien ihrer Elektrobusse Flexibilitäten anbieten, auch wenn sie dafür einen Zwischendienstleister hinzuziehen. „Allerdings ist die Bereitstellung und Vergütung dieser Flexibilitätsdienstleistungen auf nationaler Ebene noch nicht abschließend geregelt. Hier müssen die europäischen Vorgaben zur Einbindung von Prosumenten in den Strommarkt dringend umgesetzt werden“, so Jana Eschweiler, Leiterin des Fachbereichs Energierecht am IKEM.
Ein weiteres Problem ist der ständige Datenaustausch zwischen ÖPNV-Betreiber, Dienstleistern und Netzbetreibern, um die Busbatterien für das bidirektionale Laden nutzen zu könne. „Der Umgang mit den Daten, etwa aus dem Tracking der Fahrzeuge, muss den Datenschutzvorgaben genügen“, so Studienautor Simon Großmann. Gerade im Hinblick auf einen flächendeckenden Einsatz des bidirektionalen Ladens sollte der Gesetzgeber deshalb eine entsprechende Rechtsgrundlage für die Erhebung personenbezogener Daten schaffen.
Das IKEM weist darauf hin, dass das europäische Recht klar vorgibt, dass die Erbringung von Flexibilitätsdienstleistungen durch E-Fahrzeuge zulässig und darüber hinaus gewünscht ist, um das Stromsystem zu stabilisieren. Da es bislang keinen kohärenten Rechtsrahmen insbesondere hinsichtlich der Bereitstellung und Vergütung von Flexibilitäten als Systemdienstleistung gebe, bestehe auf nationaler Ebene Nachholbedarf. Hinsichtlich der organisatorischen Ausgestaltung sei von den ÖPNV-Betreibern vor allem zu beachten, dass in Bezug auf die verkehrlichen Abläufe die Erfordernisse des neuen Geschäftsfelds „Teilnahme am Strommarkt“ mit den rechtlichen Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr vereinbar sein müssen. Sei dies gegeben, könne grundsätzlich unter Beachtung kommunal- und vergaberechtlicher Vorgaben durch den ÖPNV-Betreiber unter Zuziehung eines Zwischendienstleisters am Strommarkt teilgenommen werden.
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