Auswirkungen auf die Bewertung von Photovoltaik-Projektrechten im Jahresabschluss und bei M&A-Transaktionen – pv magazine Deutschland


Der deutsche Photovoltaik-Markt befindet sich in einer Phase, die man ohne Übertreibung als Paradigmenwechsel bezeichnen kann. Fallende Großhandelspreise, schwankende PPA-Niveaus, rückläufige Projekt-Multiples, veränderte Finanzierungskonditionen und überlastete Netzanschlüsse stellen Projektentwickler und Investoren vor neue Herausforderungen.

2025 erhöht den Druck auf die Geschäftsführung: Erwartet werden transparente, methodisch belastbare Bewertungen der Projektpipeline – insbesondere seitens Banken, Investoren und Wirtschaftsprüfern. Gleichzeitig gehen die Bewertungslogiken im Jahresabschluss und im Transaktionsmarkt zunehmend auseinander. Während der Handelspreis eines Projekts vom Wettbewerb und Risikoappetit geprägt ist, verlangt der Jahresabschluss eine konservative Abbildung der Werthaltigkeit.

  1. Wertschöpfung in der Pipeline: Was 2025 den Unterschied macht

Die Entwicklung eines Photovoltaik-Projekts folgt den weithin bekannten Meilensteinen – von der Flächensicherung über Planungsphasen bis zu kommunalen Beschlüssen sowie Baugenehmigung und Ready-to-build (RTB). Doch die ökonomische Gewichtung dieser Schritte hat sich verschoben. Der Markt bewertet nicht mehr linear, sondern risikoadjustiert.

Insbesondere der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans, der erstmals verbindliches Planungsrecht schafft, hat sich zu einem zentralen Werttreiber entwickelt. Ab diesem Zeitpunkt gelten Projekte aus Investorensicht als wirtschaftlich greifbarer, da politische und planerische Risiken deutlich reduziert sind. In späteren Phasen rücken hingegen Finanzierungsbedingungen und Strompreiserwartungen stärker in den Fokus.

Auch RTB-Projekte sind 2025 nicht automatisch ein sicherer Hafen. Netzkapazitäten, BOS-Kosten und konservative Erlösannahmen aus dem Energieverkauf beeinflussen die Bewertung deutlich stärker. Wert entsteht daher nicht nur durch Fortschritt, sondern durch konkrete Risikoreduktion in jeder Phase.

Wertermittlung in der Pipeline – transparent und nachvollziehbar

Professionelle Entwickler und Investoren arbeiten heute mit Scoring-, Erfolgswahrscheinlichkeits- und Expected-Value-Modellen, um Pipelinewerte methodisch zu steuern.

Zunächst wird jedes Projekt eindeutig identifiziert und nach Fortschritt in die Phasen Early-, Mid-, Late-Stage und RTB klassifiziert. Hinter jeder Phase stehen harte Kriterien wie gesicherte Fläche, Netzanschlussstatus oder Genehmigungsfortschritt.

Darauf aufbauend vergeben viele Unternehmen Scoring-Punkte von 0 bis 5, die mit Erfolgswahrscheinlichkeiten gekoppelt sind. Ein Early-Stage-Projekt kann so beispielsweise. bei 25 Prozent Erfolgsaussicht liegen, Mid-Stage bei 50 Prozent, Late bei 75 Prozent, RTB bei 100 Prozent.

Auf diese Weise wird der potenzielle zukünftige RTB-Wert über Wahrscheinlichkeiten auf einen realistischen heutigen Projektwert heruntergebrochen. Die Bewertung wird damit nachvollziehbar, dokumentierbar und risikoabhängig. Gleichzeitig entsteht eine konsistente Bewertungslogik, die sowohl intern als auch gegenüber Banken, Investoren und Wirtschaftsprüfern belastbar ist.
Die Pipeline wird dadurch transparenter und besser steuerbar, auch wenn die Einschätzung der Erfolgsaussichten je Phase weiterhin eine Managemententscheidung zum jeweiligen Bilanzstichtag bleibt.

  1. Jahresabschluss 2025: Warum die Bewertung anspruchsvoller wird

Im Handelsgesetzbuch gilt das Vorsichtsprinzip – ein Ansatz, der im Marktumfeld 2025 stärker wirkt als je zuvor. Die zentrale Frage lautet: Sind die aktivierten Projektwerte unter aktuellen Annahmen tatsächlich realisierbar?

Ein Projekt mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit, unsicherem Netzanschluss oder wackeligen Planungsgrundlagen weist ein hohes Werthaltigkeitsrisiko auf. Aber auch Projektentwicklungen in späteren Projektphasen sind 2025 kein Selbstläufer, da Parameter wie steigende Finanzierungskosten, konservativere Strompreisannahmen und teils volatile Netzanschluss-Kosten den erzielbaren Veräußerungswert deutlich drücken.

Im Jahresabschluss ist daher eine nüchterne Bewertung erforderlich, die sich an realistischen und vorsichtigen Annahmen orientiert. Strukturierte Bewertungsmodelle bieten hier einen klaren Vorteil: Werthaltigkeit lässt sich systematisch herleiten, Annahmen sind dokumentiert und Plausibilitäten transparent.

  1. M&A 2025: Warum der Markt Projekte anders bewertet als die Bilanz

Im Transaktionsmarkt gelten andere Gesetze. Hier zählt nicht, was konservativ sicher realisierbar ist, sondern welches Potenzial ein Projekt entwickeln kann – und welcher Preis gerechtfertigt erscheint, um dieses Potenzial zu sichern.

Der Jahresabschluss fragt:
👉 Was ist dieses Projekt heute wert – unter Vorsicht und Mindestannahmen?

Der M&A-Markt fragt:
👉 Was kann dieses Projekt bei Realisierung wert werden – und wie teile ich die Risiken?

Diese Perspektive führt zu einer strukturellen Bewertungsdifferenz. Frühe Projekte werden meistens kostenbasiert gehandelt, während hochwertige Projekte mit Satzungsbeschluss oder gesicherter Netzanbindung trotz gesunkener Multiples weiterhin attraktive Preise erzielen.

Investoren zahlen im Transaktionsmarkt für belastbare Chancen und nicht für vage Annahmen. Je besser ein Projekt dokumentiert ist und je konsequenter eine risikoadjustierte Bewertung vorgenommen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, einen wettbewerbsfähigen Preis zu erzielen.

Ein strukturiertes Scoring-Modell wird im Dealprozess deshalb zunehmend zum Standard. Es macht Fortschritt, Risiken und potenzielle Wertentwicklung klar sichtbar und erleichtert die Argumentation auf Käufer- wie Verkäuferseite.

  1. Bewertung wird zum strategischen Wettbewerbsfaktor

Mit dem Blick auf die Entwicklungen dieses Jahres zeigt sich deutlicher denn je, wie weit die Bewertungslogiken von Jahresabschluss und Transaktionsmarkt auseinanderdriften. Die eine Seite verlangt konservative Werthaltigkeitsprüfungen, die andere marktorientierte Chancenbewertung. 2025 wurde dadurch zu einem Jahr, in dem nicht nur Projektentwicklung, sondern vor allem die methodische Bewertung der Pipeline zum entscheidenden Erfolgsfaktor geworden ist.

Transparenz und ein konsistentes Bewertungsmodell schaffen Vertrauen. Unternehmen, die strukturiert mit Scores und Expected Values arbeiten, können Risiken fundierter adressieren, Werte realistischer einordnen und in Transaktionen überzeugender auftreten. Der Markt honoriert diese Professionalität – gerade in Phasen erhöhter Unsicherheit.

Mit Blick auf 2026 wird die Bedeutung dieser Bewertungsqualität weiter steigen. Banken prüfen strenger, Investoren verlangen Klarheit, und der Wettbewerb um Flächen, Netzanschlüsse und Kapital verschärft sich weiter. In diesem Umfeld wird eine präzise, nachvollziehbare Bewertung der Pipeline zu einem strategischen Differenzierungsmerkmal.

2025 war ein Jahr der Anpassung.
2026 wird ein Jahr der Positionierung – und der Vorteil liegt bei den Unternehmen, die Bewertungsqualität zur strategischen Stärke gemacht haben.

Über die Autoren:

Christian von Staudt, Partner der Steinbeis M&A Partners GmbHChristian von Staudt, Partner der Steinbeis M&A Partners GmbH, begleitet als erfahrener M&A-Expertemit über 15 Jahren im Energie- und Infrastruktursektor Investoren und Unternehmen bei Transaktionen entlang des gesamten Projektlebenszyklus.. Zuvor war er in führenden Funktionen im Treasury- und Asset-/Liability-Management internationaler Banken tätig. Seine Expertise verbindet tiefes Kapitalmarktverständnis mit operativer Erfahrung in der Entwicklung von Photovoltaik-Projekten.

Julianne Miller, PKF Wulf GruppeJuliane Miller ist Director, CINA und Head of Renewables bei der PKF Wulf Gruppe. Als Leiterin des Bereichs Renewables und PKF Ambassador berät sie seit mehr als 15 Jahren Unternehmen aus der Solar-, Wind- und Speicherbranche – national wie international. Sie verbindet tiefes Branchenverständnis, belastbare Marktkenntnis und ein starkes Netzwerk und begleitet Projekte von der strukturellen Ausgestaltung bis zur erfolgreichen Umsetzung.

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