Der Verband kritisiert den Haushalt 2026 wegen Fehlallokationen bei Elektromobilität, Industriestrompreis, Wärmenetzen und besonders beim Wasserstoff. Passend dazu fordert eine Studie hier für ganz Europa mehr Tempo und einen konsistenten Windkraft- und Photovoltaikausbau.
„Es wurde eine Chance vertan“, kommentiert Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) die am Freitag erfolgte Verabschiedung des Bundeshaushalts 2026. Im Etat fehlen nach Einschätzung des Verbands „zentrale Weichenstellungen, die die Wasserstoffwirtschaft fokussiert unterstützen, notwendige Investitionen anschieben und Deutschlands Weg in die Klimaneutralität und zu mehr Resilienz ebnen“.
Lob findet hingegen der auf den Weg gebrachte Deutschlandfonds. Damit greife der Gesetzgeber die vom BDEW und dem Stadtwerke-Verband VKU im Juni vorgelegte Idee für einen „Energiewendefonds“ auf. Auch der im Haushalt verankerte Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten und die Fortführung der Stromsteuersenkung seien wichtige Signale für Wirtschaft und Haushalte. Der BDEW plädiert dafür, diese Maßnahmen für mehrere Jahre verbindlich einzuplanen.
Der von der Bundesregierung als Entlastung für Großverbraucher konzipierte Industriestrompreis ist aus Sicht des BDEW zwar notwendig, die Finanzierung aus dem Krisen- und Transformationsfonds (KTF) wird aber moniert: Dort stünden nun „weniger Mittel für die notwendigen Investitionen in Zukunftstechnologien und Klimaschutz zur Verfügung“.
Kaum Anreize für Wasserstoffprojekte
In Sachen Elektromobilität konstatiert der BDEW, die Ladeinfrastruktur sei bereits „deutlich über Bedarf ausgebaut“. Deshalb seien zusätzliche Haushaltsmittel „für weitere, ineffiziente Förderprogramme im KTF“ nicht erforderlich. Nötig sei vielmehr eine ganzheitliche Strategie für Fahrzeughochlauf und Ladeinfrastruktur. Die verlängerte Befreiung von der Kfz-Steuer sei „ein haushaltsverträglicher Anreiz“, und generell plädiert der BDEW für einen verlässlichen steuerlichen Rahmen, zu dem beispielsweise eine CO₂-orientierte Kfz-Besteuerung, eine reformierte Dienstwagenbesteuerung und eine auf das Mindestmaß gesenkte Stromsteuer gehören sollten.
Besonderes Augenmerk richtet der Branchenverband auf den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Der Bundeshauhalt bilde den hierfür erforderlichen Bedarf nicht ab, es gebe „kaum Anreize für neue Projekte“. Die eingeplanten rund 2,9 Milliarden Euro für das Jahr 2026 sowie 3,5 Milliarden Euro in der mittelfristigen Finanzplanung seien größtenteils durch schon vergebene Förderzusagen für „Important-Projects-of-Common-European-Interest“ (IPCEI) vergeben. „Ohne politische Rückendeckung“, so der BDEW, „droht Deutschland bei Elektrolyseuren den internationalen Anschluss zu verpassen.“
Dass in dieser Hinsicht Eile geboten ist, legt auch eine zeitgleich mit der BDEW-Kritik ebenfalls am Freitag veröffentlichte Studie des „TransHyDE“-Projekts dar – einem von drei Wasserstoff-Leitprojekten der Bundesregierung, inzwischen getragen durch den im Mai dieses Jahres gegründeten Verein TransHyDE 2.0 Initiative e. V. Die Studie („European Hydrogen Infrastructure Planning: Latest Insights from TransHyDE System Analysis“) benennt vier Kernaussagen für ein effizientes europäisches Wasserstoffsystem: Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien, internationalen Wettbewerb und Entwicklung globaler Wertschöpfungsketten, Infrastrukturentscheidungen der nächsten fünf Jahre (Pipelines, Speicher, CO₂-Netz) sowie die regulatorische Absicherung von Investitionen (CO₂-Preise, Förderinstrumente, Importstrategien). Wenn Europa hier frühzeitig konsistente Entscheidungen treffe, so die Kernaussage, sei „eine kosteneffiziente, robuste und strategisch sinnvolle Wasserstoffversorgung möglich“.
Wasserstoffproduktion hängt an Windkraft und Photovoltaik
Haupttreiber für den Bedarf an Wasserstoff bleibe die Industrie, vor allem die Sektoren Stahl und Chemie. Das Wachstum der Nachfrage hänge aber von globalen Wettbewerbsbedingungen, dem CO2-Preis und den Kosten für grünen Wasserstoff ab, es gebe eine große Spannbreite möglicher Entwicklungen. Hinsichtlich der Erzeugung habe die Studie gezeigt, dass die europäische Eigenproduktion – bei großen regionalen Unterschieden – am Ausbau von Windkraft und Photovoltaik hänge: „Nur ein schneller und konsistenter Ausbau erneuerbarer Energien ermöglicht Europas Versorgung aus eigener Produktion. Bleibt dieser Ausbau hinter den Zielen zurück, steigen sowohl die Wasserstoffkosten als auch die Importabhängigkeit deutlich.“
Teuer bleibe grüner Wasserstoff in jedem Fall, weshalb unter anderem ein CO2-Preis von mehr als 200 Euro je Tonne ein Schlüsselfaktor für den Hochlauf sei. Bei Importen sei der Transport per Pipeline aus Regionen wie Nordafrika oder Südosteuropa „langfristig am wirtschaftlichsten“. Der Transport von Ammoniak oder Methanol spiele hingegen „nur dort eine Rolle, wo direkte Wasserstoffnutzung schwer möglich ist“.
Die Studie empfiehlt auch den Rückgriff auf bestehende Erdgasleitungen beim Aufbau einer europäischen Wasserstoff-Infrastruktur. Damit ließen sich Kosten verringern, erforderlich sei aber auch hier eine frühzeitige Koordination – also schnelles Handeln. „Die Zukunft des Wasserstoffs in Europa liegt weiter in unseren Händen“, sagt Mario Ragwitz, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG und einer der Hauptautoren der Studie, „wenn wir bis zum Ende des Jahrzehnts die Hebel umlegen.“
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