Ausschreibungsmengen bleiben unverändert – Acht Gigawatt Gaskraftwerke – pv magazine Deutschland


Die Spitzen von CDU, CSU und SPD haben wichtige Weichen zur Kraftwerksstrategie beschlossen. Zudem wollen sie die Ausschreibungsmengen für Photovoltaik, Windkraft und Co. unverändert lassen und das EEG zügig an die neuen europäischen Vorgaben anpassen. Auch der Weg für neue Gaskraftwerke ist geebnet.

Lange schien wenig bei der Bundesregierung aus Union und SPD voranzugehen. Doch nun drückt die Koalition aufs Tempo. Während der Bundestag am späten Donnerstagabend über die EnWG-Novelle beriet und sie annahm, kamen die Koalitionsspitzen zu einer Ausschusssitzung zusammen und einigten sich in weiteren Punkten, die bald ins Parlament gehen sollen.

Die Fraktionsspitzen von CDU, CSU und SPD verständigten sich unter anderem darauf, dass die Ausschreibungsmengen für erneuerbare Energien unverändert auf hohem Niveau – so wie im EEG vorgesehen – bestehen bleiben sollen, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) berichtet. Zudem sei der Wille bekundet worden, „das EEG zügig an die europäischen Vorgaben anzupassen“.

Enerparc-COO Stefan Müller hatte in einem Interview mit pv magazine vor wenigen Tagen erklärt, dass es wohl „bis zum Jahresende einen Kabinettsbeschluss für ein EEG 2.0 geben soll, der dann auch an die EU geht“. In der Branche ist mit einem entsprechenden Gesetzentwurf die Hoffnung verbunden, dass die EU-Kommission dann auch noch die beihilferechtliche Genehmigung des „Solarpaket 1“ vornimmt und die darin enthaltenen Verbesserungen endlich in Kraft treten können.

Der Koalitionsausschuss verständigte sich zudem auf die Ausschreibung von insgesamt zehn Gigawatt neuer steuerbarer Kapazitäten im nächsten Jahr. Davon sollen dem BDEW zufolge acht Gigawatt mindestens zehn Stunden am Stück Strom erzeugen können, was klar für Gaskraftwerke spricht und gegen andere Flexibilitäten wie Batteriespeicher. Ursprünglich hätte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CSU) gern 20 Gigawatt an neuen Gaskraftwerken ausgeschrieben. Nicht nur in der Erneuerbaren-Branche, sondern auch bei der EU stieß dieser Plan aber auf wenig Gegenliebe. Nun ist immerhin vorgesehen, dass zwei Gigawatt „technologieoffen“ ausgeschrieben werden. Eine Möglichkeit für Batteriespeicher zum Zug zu kommen. Insgesamt sollen zwölf Gigawatt an neuen steuerbaren Kapazitäten im nächsten Jahr ausgeschrieben werden, zwei Gigawatt für sogenannte wasserstofffähige Sprinter-Kraftwerke.

Positiv sei, dass für die geplanten zusätzlichen zwei Gigawatt wasserstofffähiger Kraftwerke eine Betriebskostenförderung vorgesehen ist, heißt es vom BDEW weiter. Es brauche Instrumente für Differenzverträge (CfDs) in der frühen Phase des Wasserstoffhochlaufs. Nur so lasse sich die bestehende Lücke zwischen Gestehungskosten und Zahlungsbereitschaft schließen, um Investitionen tatsächlich auszulösen, so der Verband weiter.

Bastian Gierull, CEO von Octopus Energy Germany, schätzt die Einigung allerdings anders ein: „Die Regierung handelt widersprüchlich. Während sie den Strompreis für große Unternehmen künstlich senkt, baut sie die teuerste Erzeugung überhaupt: wasserstofffähige Gaskraftwerke. Günstiger wäre es, Erneuerbare und Elektrifizierung endlich sinnvoll ins Stromsystem zu integrieren.“ Ineffizienzen ließen sich nicht wegsubventionieren, so Gierull weiter.

Die Deutsche Umwelthilfe sieht in der Einigung im Koalitionsausschuss eine „schwere Schlappe für Wirtschaftsministerin Reiche“, wie Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz, kommentiert. „Dennoch: Die gestrige Einigung ist kein Grund zum Feiern. Der größte Teil der Kapazitäten 2026 wird nicht technologieoffen ausgeschrieben, Batteriespeicher bekommen bei diesen acht Gigawatt also keine Chance“, so Zerger weiter. Die DUH könne diese „planwirtschaftliche Fixierung“ auf Gaskraftwerke nicht nachvollziehen und fordere die Bundesregierung zu einem Perspektivwechsel auf.

Green Planet Energy hat erst vor wenigen Tagen beider Europäischen Kommission eine Beschwerde gegen die Bundesregierung wegen ihrer Gaskraftwerkspläne eingereicht. „Es ist gut, dass die Bundesregierung auf den Druck aus Brüssel reagiert und die fossilen Kraftwerkspläne deutlich eingedampft hat“, sagte Carolin Dähling, Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy. „Trotzdem bleibt es bei einem rechtlich höchst fragwürdigen Markteingriff, der klimapolitisch große Risiken birgt und den Wettbewerb verzerrt. Milliarden-Subventionen für fossile Technologien sind ein Rückschritt und bremsen dringend benötigte Zukunftslösungen wie Speicher aus.“ Nicht zuletzt deshalb halte Green Planet Energy seine Beschwerde aufrecht.

„Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses sind ein erfreuliches Signal für mehr Versorgungssicherheit“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae weiter mit Blick auf die Ergebnisse. „Entscheidend ist, dass die notwendigen Detailregelungen nun rasch zwischen Bundesregierung und EU-Kommission geeint werden.“ Die vorgesehene regionale Steuerung könne einen wichtigen Beitrag zur Systemsicherheit leisten, allerdings sei die konkrete Ausgestaltung weiterhin offen. Für die Investorensicherheit sei es wichtig, dass die Bundesregierung nun schnell einen belastbaren Gesetzentwurf vorlegt, in dem die Fragen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wasserstoff, der Technologie für seinen Einsatz im Kraftwerksbereich sowie der Erbringung von Systemdienstleistungen geregelt werde.

Der Koalitionsausschuss hat sich zudem darauf verständigt, einen neuen Energieinfrastrukturfonds einzurichten. Das sei „ein richtiger und wichtiger Baustein“, sagte Andreae. „Der massive Investitionsbedarf in Netze und Erneuerbare und insbesondere in die Wärmewende erfordert wirtschaftlich tragfähige Finanzierungs- und Beteiligungsmodelle. Entscheidend wird sein, den Fonds mit staatlichen Garantien und Bürgschaften zu flankieren“, so die BDEW-Chefin.

Interessant ist die Kommentierung durch Bundeswirtschaftsministerin Reiche, die erst am Freitagmittag erfolgte. Sie legt den Fokus auf die ebenfalls erzielte Einigung beim „Strompreispaket“, das die Reduzierung von Netzentgelten, die Absenkung der Stromsteuer und die Abschaffung der Gasspeicherumlage vorsieht. Dann erklärt sie sich noch zur Einigung im Ausschuss bei der Kraftwerksstrategie. „Die kurzfristige Ausschreibung von insgesamt zwölf Gigawatt steuerbarer Kapazitäten sind Grundlage für eine gesicherte Stromversorgung Deutschlands und damit für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie“, sagte Reiche. „Dies ist ein wichtiger erster Schritt bis zur Einführung eines umfassenden, technologieoffenen Kapazitätsmarktes, mit dem wir den Zubau weiterer Kraftwerke und anderer flexibler Kapazitäten anreizen.“

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