Photovoltaik-Markt – quo vadis? – pv magazine Deutschland


Kaum etwas wird in der Branche aktuell kontroverser diskutiert als das Thema, wohin der nationale und der internationale Photovoltaik-Markt, die Energiewende und unser Weg zur Einhaltung der Klimaziele insgesamt in naher Zukunft steuern wird und wie die inkonsistenten Signale aus der Politik zu deuten sind. Einig sind sich alle aber darin, dass sich etwas verändern muss und wird. Ob dies zugunsten oder eher entgegen dem weiteren zügigen Ausbau der Erneuerbaren verlaufen wird, kann momentan noch nicht mit Gewissheit bestimmt werden. Ein näherer Blick darauf folgt weiter unten im Text.

Schaut man in den vergangenen zwei Monaten seit meinem letzten Kommentar auf die Modulpreise, ergibt sich ebenfalls kein einheitliches Bild. Die Preise der verschiedenen Technologieklassen gehen mal etwas rauf, dann fallen sie wieder – keine klare Richtung ist erkennbar. Die Preisbewegungen bilden bestenfalls die aktuelle Nachfragesituation ab: der Kleinanlagensektor geht zurück, also sinkt der Absatz schwarzer Module. Die EPC-Unternehmen und Hersteller konzentrieren sich stärker auf die Segmente der mittleren bis großen Photovoltaik-Anlagen, wo zunehmend hocheffiziente Module zum Einsatz kommen, wo aber auch ein hoher Preis- und Konkurrenzdruck existiert.

Für die kommenden Monate, vor allem aber für nächstes Jahr wird allgemein mit einem weiteren Abkühlen der ohnehin schon nicht sehr hohen Nachfrage gerechnet – wegen der allgemeinen Unsicherheit über die zukünftige Energiepolitik und in Erwartung eines immer schwierigeren Marktumfelds durch den Wegfall bisheriger Geschäftsmodelle und Investitionsmöglichkeiten. Dieser prognostizierten Marktentwicklung, bei der üblicherweise die Preise weiter fallen würden, steht die Ankündigung der chinesischen Regierung entgegen, die Exportvergünstigungen in Form der Steuererleichterung für alle Hersteller zu streichen. Damit würden die Produktpreise im Export automatisch um neun Prozentpunkte steigen, sofern die Produzenten diese Verteuerung eins zu eins weitergeben.

Eigentlich müssen das zumindest alle chinesischen Modulhersteller so praktizieren, denn die Marktpreise in Europa sind schon lange an der Schmerzgrenze angekommen. Es finden sich in längerfristigen Lieferverträgen auch schon Klauseln, die diese zu erwartende Kostensteigerung abbilden. Wann genau das Damoklesschwert fällt, weiß im Moment keiner ganz genau, nur dass es fallen wird. Produzenten von Wechselrichtern und Speichersystemen aus Asien wird diese Neuregelung genau so betreffen, jedoch ist hier der Kostendruck noch nicht ganz so hoch. Gut möglich, dass viele Hersteller die Steigerung ihrer Exportkosten schlucken werden oder bereits schon jetzt eingepreist haben. Mir ist zumindest nicht bekannt, dass es dort auch schon entsprechende Vertragsvereinbarungen zur Umlage der Kosten gibt.

Nun aber zurück zur allgemeinen Stimmung in Gesellschaft und Politik, das Thema Klimawandel und den Umgang damit betreffend. Zwar ist der Großteil der Bevölkerung immer noch für die Energiewende und mehr Klimaschutz, allerdings hat die Kostendiskussion wieder mächtig an Fahrt aufgenommen. Um den Bürger vermeintlich zu entlasten, schwenken die aktuellen Regierungen weltweit wieder auf einen fossil-atomaren Pfad um, der als aberwitzig und absurd zu bezeichnen ist. Die Argumente dafür sind oft nichts anderes als hanebüchen – teilweise interessengetrieben und an jeglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei. Selbst die Empfehlungen einer eigens eingesetzten Expertenkommission werden geflissentlich ignoriert und der längst beschlossene Plan durchgedrückt – Grüße an die amtierende deutsche Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche (CDU).

Manche Staatslenker ziehen es dieser Tage sogar vor, sich komplett vom Klimaschutz zu verabschieden und jegliche wissenschaftliche Forschung und Berichterstattung dazu zu unterbinden – the new American way of life offenbar. Die Option, die Augen zu verschließen und das Klimawandel-Problem einfach zu ignorieren, kommt zumindest in der EU vorerst noch nicht in Frage. Aber dass wir nicht mehr weit davon entfernt sind, lassen einige Ankündigungen und der geplante Richtungswechsel auch seitens der deutschen Politik zumindest befürchten. Die dringend benötigte Erholung der Wirtschaft und die Erschließung neuer Wachstumspfade wird als Vorwand genommen, die monopolistisch organisierten Strukturen der alten Energiewirtschaft zu stützen und zu fördern, was jedoch nur als kurzsichtig und rückwärtsgewandt angesehen werden kann.

Der sensationelle Erfolg der Erneuerbare-Energien-Branche der letzten Jahre scheint uns wieder einmal zum Verhängnis zu werden – die übrigen Strukturen sind zeitgleich nicht mitgewachsen, schon als notwendig erkannte und beschlossene Anpassungen wie der Netzausbau oder der Smart-Meter-Rollout verschlafen worden – leichtfertig oder mutwillig, wer kann das schon beurteilen.

Der Effekt ist der gleiche, der schon vor etwa 13 Jahren unter Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) zu beobachten war: Die alte Energiewirtschaft und ihre Steigbügelhalter aus der Politik versuchen, massiv auf die Bremse zu treten, beziehungsweise den galoppierenden Gaul erst einmal anzuhalten, um dann in Ruhe nach einem Weg und einem Tempo zu suchen, der ihren eingefahrenen Prozessen und ihren Strukturen besser angepasst sind. Auf der Strecke bleiben – oder um in der Metapher zu bleiben – vom Pferd geschubst werden alle Akteure, die sich mit ihren Geschäftsmodellen an einen schnell wachsenden, dynamischen und vor allem dezentral organisierten Energiemarkt angepasst haben. Nun also wieder alles auf Anfang – die Karten werden neu gemischt?

Technologieoffenheit wird dabei propagiert – das Modell mit der höchsten Kosteneffizienz soll sich durchsetzen. Aber tut es das nicht gerade schon? Was soll dann die Diskussion um die Einführung eines Kapazitätsmarkts? Dieser Move spielt nur der alten Energiewirtschaft wieder in die Hände – konventionelle Großkraftwerke können sie gut, dezentrale Energieerzeuger mit fluktuierender Einspeisung in Verbindung mit dynamischen Lasten managen eher nicht.  Umsetzungsfähige Konzepte und vor allem die technologischen Hilfsmittel stehen jedoch bereits zur Verfügung, um den Umbau unserer Energiesysteme kosteneffizient und vor allem ohne zusätzliche Gaskraftwerke oder einen übermäßig teuren Netzausbau zu bewerkstelligen.

Stattdessen soll und wird vermutlich die garantierte Einspeisevergütung zumindest für kleine Photovoltaik-Dachanlagen in Deutschland komplett gestrichen, weil die Förderung angeblich niemand mehr braucht. Es bleibt zu hoffen, dass eine einigermaßen sinnvolle Grenze zwischen förderfähigen und förderfreien Installationen gezogen wird, beispielsweise bei 30 Kilowatt. Größere Anlagen benötigen oft eine Finanzierung und da ist die Sicherheit einer garantierten Einspeisevergütung unverzichtbar, selbst wenn der Strom vorwiegend anderweitig genutzt beziehungsweise vermarktet wird. Ohne eine fest zugesagte Einnahmequelle aus dem EEG müssen dann aber zumindest alternative Geschäftsmodelle ermöglicht werden, sonst wird der Markt wieder vollständig einbrechen.

Der viel zitierte Bürokratieabbau bleibt scheinbar nur als Worthülse und Vorwand übrig, die dringend benötigte Neuausrichtung des Strommarktes und die Regulierung und Förderung intelligenter, dezentraler Geschäftsmodelle gar nicht erst anzufassen, sondern diese lieber gleich zu verbannen. Dezentral und dynamisch wird pauschal gleichgesetzt mit nicht kontrollierbar, zu komplex und damit zu teuer. Um sich nicht weiter damit beschäftigen zu müssen und das Thema schnell vom Tisch zu haben, will die Bundesregierung die Verantwortung nun offenbar an die großen Energiekonzerne zurückgeben – sollen die doch ihre alten Konzepte aus den Schubladen holen und leicht angepasst umsetzen.

Und als wäre das noch nicht schlimm genug, droht hier sogar eine Zweckentfremdung der Gelder aus dem Klimaschutz- und Transformationsfonds zum Aufbau der neuen Erzeugungskapazitäten aus Gaskraftwerken in Verbindung mit CO2-Speicherung (CCS). Dass diese Form der Energiegewinnung alles andere als umweltfreundlich und nachhaltig ist, belegen viele wissenschaftliche Studien. Im Gegenteil – die Kohlendioxid-Injektion beispielsweise in beinahe ausgeschöpfte Erdöl- oder Erdgasfelder kann schon im laufenden Prozess große Mengen noch klimaschädlicheren Methans freisetzen. Außerdem hilft es dabei, auch noch das letzte Restchen Brennstoff aus dem Bohrfeld zu gewinnen. Wenn das mithilfe von Fördergeldern geschieht, die eigentlich für den Ausbau der Erneuerbaren vorgesehen waren, ist das für die Profiteure ein geniales Geschäftsmodell, für die Photovoltaik- und Windkraft-Branche eine Katastrophe. Diese Praktiken als Klimaschutztechnologie zu verkaufen, ist eine absolute Frechheit, die es unbedingt zu verhindern gilt.

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Oktober 2025 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 12.10.2025):

Entwicklung Modulpreise in der Übersicht, Stand Oktober 2025

— Der Autor Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit mehr als 30 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben allen Komponenten für Neuinstallationen auch Solarmodule und Wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt, aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden. —

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