Die „Minuspreisorgie“ fällt aus – trotz neuem Photovoltaik-Erzeugungsrekord im August – pv magazine Deutschland


Im August 2025 zeigte sich wie schon im Juli, dass die stumpfe Verknüpfung: „mehr Photovoltaik = mehr und tiefere Minuspreise“ auch in einem sehr sonnigen August nicht stimmt. Der Marktwert Solar fällt mit mehr Photovoltaik immer tiefer – diese Erklärung greift viel zu kurz. Besonders deutlich wird dies, wenn man den Marktwert Solar von 3,7 Cent pro Kilowattstunde im August 2025  mit dem Wert aus dem August 2019 vergleicht: Damals waren im August „läppische“ 47 Gigawatt installiert und der Marktwert Solar lag bei nur 3,38 Cent pro Kilowattstunde – und dies trotz eines um 8 Prozent höheren Stromverbrauchs als im August 2025.

Wie in meinem Beitrag zum „Paukenschlag im Juli 2025“ wollen wir daher erneut dazu auffordern, das Thema entsprechend seiner Komplexität zu betrachten, um sinnstiftende Lösungen für den weiteren Umbau des Energiesystems zu erarbeiten. Denn natürlich ist der Umbau herausfordernd und jeden Tag wird bei der Stabilhaltung unserer Netze von den dort tätigen Menschen Großartiges geleistet, da es eben nicht trivial ist. Gerade aber die Umbauleistung seit 2019 zeigt sehr deutlich, dass wir das Ganze schaffen, wenn wir alle Facetten stets beachten und nicht auf scheinbar einfache Kausalitäten hereinfallen. Zumal die Speicherpreise in den vergangenen 24 Monate implodiert sind und somit die Lösung des Speicherproblems im Tagesbereich subventionsfrei und schnell verfügbar ist.

Neben Vergleichszahlen zum Vorjahr gibt es zur Verdeutlichung einiger Aspekte diesmal auch Daten aus dem Jahr 2019, dem letzten „normalen“ Jahr vor Corona-Pandemie und dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Im Jahr 2019 gab es einen etwas höheren Stromverbrauch, deutlich weniger Photovoltaik und vor allem die Aussage des BDEW in einem Vortrag bei den Edis-Partnertagen im Oktober 2019, dass bei 100 Gigawatt Photovoltaik plus Windausbau über 3000 Stunden pro Jahr negative Preise entstehen könnten – so meine sinngemäße Erinnerung.

Im August 2025 haben wir eine installierte Photovoltaik-Leistung von 109 Gigawatt, also schon mehr als die 100 Gigawatt aus dem BDEW-Horrorszenario, und es gab ganze 64 Stunden mit negativen Börsenstrompreisen. Sehr zum Ärger der „Untergangspropheten“ sogar vier Stunden weniger als im August 2024, als wir noch nicht ganz bei 100 Gigawatt Photovoltaik waren.

Ja, es gibt im Jahr 2025 schon mehr Minusstunden als im gesamten Jahr 2024 und es kommen auch noch einige hinzu – die für 2025 kolportierten Horrorszenarien dürften dennoch ausfallen. Und ebenfalls ja: Der Marktwert Solar lag im August 2024 mit 4,26 Cent pro Kilowattstunde über dem des August 2025.

Das System passt sich besser an, als geglaubt und einmal mehr erweisen sich Monokausalitäten als falsch oder zu einseitig. Auch die teilweise düsteren Prognosen zur Tiefe der Minusstunden im Mittel und vor allem im Maximalbereich haben sich auch im August 2025 nicht bewahrheitet.

64 Stunden mit negativen Day-ahead-Preisen im August 2025:
• im Mittel: -5,7 Euro pro Megawattstunde
• tiefster Wert: -61 Euro pro Megawattstunde

Schauen wir mal auf die Zielerreichung, Fortschritte und verschiedene Zahlen

Angesichts der Diskussionen um die negativen Strompreisstunden fällt die Zielerreichung hinter all diesen Details unter den Tisch. Denn eigentlich geht es doch um die Verdrängung von Kohle- und Atomstrom und da sind wir richtig gut. Die Zahlen dazu sind beeindruckend:

Kohleverstromung in Deutschland jeweils im August des Jahres:
• 2019: 10.731 Gigawattstunden
• 2024:  7450 Gigawattstunden
• 2025: 6174 Gigawattstunden

Hinzu kommt die ersetzte Atomkraft jeweils im August des Jahres:
• 2019: 5470 Gigawattstunden
• 2024/2025: 0 Gigawattstunden

Als Reaktionen auf unseren Juli-Beitrag gab es oft die Anmerkung, dass es im Juli 2025 ja so wenig Sonne gab. In der Tat und wie beschrieben war die Solarstrahlung im Juli recht schwach. Was uns aber nicht daran gehindert hat, mehr Solarstrom denn je in einem Juli zu produzieren – weniger Sonne wurde durch mehr installierte Leistung überkompensiert. Im August kommen nun sehr sonniges Wetter und noch mehr installierte Photovoltaik-Leistung.

Noch nie erzeugten die Photovoltaik-Anlagen in Deutschland so viel Solarstrom in einem August wie 2025: Beeindruckende plus 11 Prozent bei der Solarstromproduktion gegenüber August 2024. Auch beim Windstrom gab es ein Plus von 8 Prozent im Vergleich zum August 2024.

Der Marktwert Solar ist dennoch mit etwa 3,7 Cent pro Kilowattstunde im August 2025 über unseren Erwartungen ausgefallen. Für den September 2025 rechnen wir beim Marktwert mit einem Korridor von 4,3 bis 6,2 Cent pro Kilowattstunde.

Hier noch einige Zahlen zum Weiterdenken

Installierte Photovoltaik-Leistung jeweils per Ende Juli:
• 2019: 47 Gigawatt
• 2024: 92 Gigawatt
• 2025: 109 Gigawatt

Sonnenstunden in Deutschland im August laut Deutschem Wetterdienst (Mittelwert):
• 2024: 262 Stunden (plus 24 Prozent zur Vergleichsperiode 1991-2020)
• 2025: 253 Stunden (plus 19 Prozent zur Vergleichsperiode 1991-2020)

Wo liegt der August im Verbrauch?
• 36.297 Gigawattstunden, das heißt 3 Prozent weniger als im Juli 2025

Und der Import/Export?
• Nettoimport rund 11 Prozent höher als im Juli 2025

Weitere Hintergründe

Die einzelnen Kalenderwochen im Vergleich einiger Daten:

Kalenderwoche Jahr Solarstrom (GWh) Verbrauch (TWh) Abweichung Verbrauch ggü. 2019 PV-Anteil
KW35 2019 1.216 9,22 13,2 %
2024 2.027 8,44 −8,5 % 24,0 %
2025 2.026 8,39 −9,0 % 24,1 %
KW34 2019 1.281 8,84 14,5 %
2024 1.806 8,33 −5,8 % 21,7 %
2025 2.246 8,21 −7,1 % 27,3 %
KW33 2019 1.025 8,82 11,6 %
2024 1.850 8,36 −5,2 % 22,1 %
2025 2.558 8,35 −5,3 % 30,6 %
KW32 2019 1.009 8,94 11,3 %
2024 2.025 8,26 −7,6 % 24,5 %
2025 2.374 7,97 −10,8 % 29,8 %
KW31 2019 1.158 8,90 13,0 %
2024 2.037 8,08 −9,2 % 25,2 %
2025 1.742 8,15 −8,4 % 21,4 %

Beeindruckend ist zu sehen, dass es die Photovoltaik bereits schafft, in einer Kalenderwoche mehr als 30 Prozent des Wochenverbrauchs zu decken.

Einige Quellen zum Thema für alle, die sich ihr eigenes Bild über die Entwicklungen machen wollen:

Verbrauch auf Wochenbasis: https://www.dashboard-deutschland.de/indicator/tile_1667214343714

Solarstrom, Kohlestrom, etc.: https://www.energy-charts.info

Rascher Überblick Minusstunden seit 2015: https://www.bhkw-infozentrum.de/wirtschaftlichkeit-bhkw-kwk/negative-strompreise-fakten-und-statistiken.html

Marktwerte: https://www.netztransparenz.de/de-de/Erneuerbare-Energien-und-Umlagen/EEG/Transparenzanforderungen/Marktprämie/Marktwertübersicht

Spotmarktpreise: https://www.netztransparenz.de/de-de/Erneuerbare-Energien-und-Umlagen/EEG/Transparenzanforderungen/Marktpr%C3%A4mie/Spotmarktpreis-nach-3-Nr-42a-EEG

Wie gestalten wir das weiter?

Antworten und Inspiration wie immer auf dem Forum Solar Plus vom 18.- 19. November 2025 in Berlin zum 25. Jubiläum: https://www.forum-solar-plus.de

Zugleich noch eine Einladung an alle Leser zu einer „Rechen-Challenge“: Wo würde der Marktwert Solar aktuell liegen, wenn wir den Verbrauch von 2019 hätten?

Dieser Beitrag ist unter Nutzung von Auswertungen von Ulrike Gunnemann, Electric Blue GmbH https://www.electricblue.io , entstanden, wofür ich mich sehr bedanke.

— Der Autor Karl-Heinz Remmers ist seit 1992 als Solarunternehmer tätig. Zu Beginn mit der Planung und Montage von Solaranlagen sowie der Produktion von Solarthermie-Kollektoren. Seit 1996 dann parallel unter dem Namen Solarpraxis mit eigenen Fachartikeln, Buch- und Zeitschriftenverlag und dem bis heute aktivem Solarpraxis Engineering. Zu den erfolgreichen Gründungen zählen auch die nun von namhaften Partnern gemachte pv magazine Group und die Konferenzserie „Forum Solar Plus“. Neben Solarpraxis Engineering sind heute Entwicklung, Planung, Errichtung und Betrieb von Solaranlagen als „IPP“ im Fokus der Aktivität. Zudem betreibt er aktive politische Arbeit im Rahmen des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Mehr hier: https://www.remmers.solar/ueber-mich/ —

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