Die Befürchtungen der österreichischen Photovoltaik-Branche haben sich bestätigt. Mit der Reform des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes drohen nun neue Netzentgelte für Einspeiser sowie eine Kappung der Leistung von Photovoltaik-Anlagen auf 60 Prozent bei einer drohenden Netzüberlastung.
Am Freitag hat die österreichische Bundesregierung ihren überarbeiteten Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) veröffentlicht und in die Konsultation geschickt. Die heimische Photovoltaik-Branche hat die Novellierung immer wieder eingefordert und wartete „eigentlich mit Vorfreude“ auf den Entwurf, dessen Veröffentlichung seit anderthalb Jahren im Raum stand, wie der Bundesverband Photovoltaic (PV) Austria erklärte.
Doch nach der ersten Begutachtung scheint die Ernüchterung groß. Der ElWG-Entwurf sieht zusätzliche Netzentgelte für Einspeiser vor. Davon betroffen wären nach Angaben rund 500.000 Betreiber privater und gewerblicher Photovoltaik-Anlagen im Land und auch jene, die noch investieren wollten. Bereits vor einigen Tagen brachte ein Artikel in der Tageszeitung „Der Standard“ dazu erste Details.
PV Austria hält die Einführung zusätzlicher Netzentgelte für kontraproduktiv. Sie stünden „im klaren Widerspruch zu den Zielen des Regierungsprogramms, ein kosteneffizientes, nachhaltiges Stromsystem mit leistbaren Preisen und mehr Wettbewerb zu schaffen“, heißt es vom Verband. Es gebe dafür deutlich intelligentere und zielgerichtetere Lösungen. „Anstatt die neuen Möglichkeiten des ElWG wirken zu lassen, wird jetzt schon mit der Kostenkeule zugeschlagen“, sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria. Sie hatte zuvor bereits beklagt, dass die Regierung die Neuregelungen ohne jegliche Abstimmung mit der Branche ersonnen habe.
„Das Vorhaben, zusätzliche Netzentgelte für Einspeiser einzuführen, ist nicht nur äußerst kurzsichtig, sondern auch energiewirtschaftlich hochriskant“, sagte Immitzer immer. „Flexibilitäten im Stromsystem, über deren Bedarf sich die gesamte Energiebranche einig ist, würden dadurch abgedreht werden. Wer soll noch Flexibilität bereitstellen, wenn genau das mit zusätzlichen Kosten bestraft wird?“ Zugleich werde mit den zusätzlichen Netzentgelten auch der Strompreis in die Höhe getrieben. PV Austria verwies auch darauf, dass die Stromerzeuger bereits jetzt ihren finanziellen Beitrag zum Stromnetz beitragen, was sich auf die Rentabilität der Anlagen auswirke.
Bei der Behörde E-Control bewertet man die Vorschläge zu den Netzentgelten anders. Ziel sei es, eine verursachungsrechte und faire Kostenverteilung zu gewährleisten, was aus Sicht der E-Control unerlässlich ist.
„Spitzenkappung“ geplant
In dem Gesetz ist weiterhin eine „Spitzenkappung“ vorgesehen, wie die österreichische Nachrichtenagentur APA meldet. Demnach dürften künftig Photovoltaik-Anlagen nur noch maximal 60 Prozent ihrer Leistung einspeisen, wenn eine Netzüberlastung drohe. Nach Aussage des österreichischen Wirtschaftsministers, der den Entwurf vorstellte, soll es sich dabei um höchstens ein paar Minuten am Tag handeln. „Wenn wir großzügig rechnen, geht es um drei Prozent dessen, was über das ganze Jahr gerechnet nur vom Überschuss ins Netz eingespeist wird“, zitiert APA den ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. PV Austria mochte aufgrund der „vagen Aussagen“ zur „Spitzenkappung“ diesen Punkt vorerst nicht bewerten.
Bei E-Control kommt Vorstand Alfons Haber nach einem ersten Blick auf den Entwurf zu folgender Feststellung: „So finden sich darin mehrere Maßnahmen, um die Versorgung in Zeiten volatiler Erzeugung zu gewährleisten. Das betrifft etwa die sogenannte ‚Spitzenkappung‘ in Zeiten überschüssiger Stromerzeugung oder das flächendeckende Zurverfügungstellen von Smart-Meter-Daten, auch wenn dies leider erst stufenweise erfolgen soll.“ Die Smart Meter-Daten könnten demnach „eine verursachungsgerechte Abrechnung der Netzkosten“ garantieren. Zudem merkt E-Control an, dass mit dem Entwurf Grundlagen geschaffen werden, um mehr Flexibilität, etwa mit Speichern oder durch Anpassung des Verbrauchs, ins System gebracht werden. Dies würde das System entlasten.
Für eine Verabschiedung des Gesetzentwurfs im Parlament braucht die Regierung noch Stimmen aus der Opposition, also von der FPÖ oder die Grünen, um die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit zu erreichen.
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