Mit der Reform des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes könnten die neuen Regelungen bei der Verteilung der Netzkosten greifen. Regierungsintern wird für diese Woche eine Einigung erwartet, wie die österreichische Tageszeitung „Standard“ berichtet. Da die Konsultationen für den Gesetzentwurf noch nicht gestartet sind, tappt Österreichs Photovoltaik-Branche bislang noch weitgehend im Dunkeln.
In Deutschland wird aktuell über eine Neuregelung bei den Netzentgelten diskutiert. Österreich scheint hierbei schon einen Schritt weiter. So wird damit gerechnet, dass sich die Regierung in dieser Woche auf die Eckpunkte zur Reform des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) einigt, wie die Tageszeitung „Der Standard“ (Dienstagausgabe) berichtet. Nach Aussage von ÖVP-Bundeskanzler Christian Stocker soll es „die größte Energiereform seit zwei Jahrzehnten“ in Österreich werden. So habe er mit dem neuen Gesetz „mehr Fairness, weniger Bürokratie und günstigeren Strom“ versprochen.
Nach dem Zeitungsbericht hätten sich ÖVP, SPÖ und Neos bereits über die künftige Ausgestaltung der Politik bei den Stromnetzen bereits verständigt. Sie wollen dabei Änderungen durchsetzen, die so auch in Deutschland debattiert werden. Konkret geht es darum, dass Betreiber von Photovoltaik-Anlagen künftig Netznutzungsentgelte zahlen sollen, wenn sie den Strom einspeisen. Immerhin mehr als 400.000 Photovoltaik-Anlagen sind mittlerweile auch in Österreich installiert. Für diese soll die Regulierungsbehörde E-Control künftig die Netzentgelte festlegen, wie „Der Standard“ berichtet. Bisher sei nur eine „kann“-Regelung im Gesetzentwurf vorgesehen gewesen.
Externe Bestätigungen für diese Einigung zu finden, sind allerdings schwierig. Die Regierungsparteien geben bislang keine Details preis. Eine Nachfrage von pv magazine bei E-Control ergab, dass dort der aktuelle Regierungsentwurf noch nicht vorliegt. Sie könne sich daher noch nicht zu möglichen Plänen äußern. Allerdings plant die Behörde für Ende Juli eine Fachtagung zu dem Thema und hofft bis dahin auch auf mehr Informationen. Dafür müsste der Konsultationsprozess für den Gesetzentwurf seitens der Regierung eröffnet werden. Darauf wartet auch der Bundesverband Photovoltaic (PV) Austria. Auch er hat momentan noch keine gesicherten Informationen zu den Plänen der Regierung vorliegen. Der Verband bemängelt daher auch, dass das Gesetz offenbar ohne Abstimmung mit der Branche neu gefasst wird.
Der „Standard“ scheint zumindest schon mal einen kurzen Blick auf den aktuellen Entwurf geworfen zu haben. Die Tageszeitung berichtet weiter, dass E-Control zunächst die Höhe der Kosten der Netzbetreiber ermitteln soll und diesen Betrag dann auf die Stromverbraucher umlegen soll, wobei zwischen industriellen Verbrauchern und Haushalten unterschieden werden soll. Daher solle eine Festlegung erfolgen, welchen Anteil der Kosten die Betreiber von Photovoltaik-Anlagen zu zahlen hätten.
Nach dem Bericht des „Standards“ habe die Koalition lange um diesen Punkt gerungen, da damit zusätzliche Belastungen auf Betreiber von Photovoltaik-Anlagen zukommen, die eigentlich im Sinne der Energiewende und von der Politik unterstützt diese Investitionen getätigt hätten. Scheinbar stärker wog jedoch das Argument der Befürworter der Umstellung, die auf die zusätzliche Belastung der Stromnetze durch den massiven Photovoltaik-Ausbau verwiesen. Sie wollen mit der neuen Netzentgeltsystematik eine stärkere Optimierung der Anlagen auf Eigenverbrauch oder die Anschaffung von Photovoltaik-Heimspeichern anreizen.
Künftig sollen nach dem Bericht die Netzkosten zudem zeit- und leistungsvariable abgerechnet werden. Aktuell bestehen die Netzentgelte noch aus einer festen Grundpauschale und einem Preis für die bezogene Menge an Kilowattstunden zusammen. Künftig soll die Grundgebühr durch einen leistungsabhängigen Tarif ersetzt werden. Dem „Standard“ zufolge ist vorgesetzten, dass für die Festlegung der Preise, die je Kilowatt zu entrichten ist, der über zwölf Monate gemittelte Spitzenverbrauch herangezogen wird.
Argument für ein solches Modell ist immer, dass das Stromnetz auf die mögliche Spitzenlast ausgelegt werden muss. Besitzer von Elektroautos, die ihre Fahrzeuge außerhalb der Erzeugungszeiten der Photovoltaik-Anlage aus dem öffentlichen Netz beladen, würden so zusätzliche Kosten verursachen. Andersherum fordert Experten aber auch, dass netzdienliches Verhalten belohnt werden müsse. Dafür wäre eine zeitvariable Ausgestaltung der Netzentgelte sinnvoll.
Auch wenn es außer die Regierungsvertreter noch niemand genau weiß, im Moment sieht viel danach aus, dass auf Betreiber von Photovoltaik-Anlagen in Österreich künftig höhere Kosten zukommen könnten. PV Austria bedauert sehr, dass es aktuell keinen Austausch des Ministeriums mit den Verbänden und Vertretern aus der Praxis gebe, um die Pläne auf Umsetzbarkeit zu prüfen. „Klar ist aber, dass zusätzliche Kostenbelastungen für die Erzeuger die Stromproduktion wieder verteuern, rückwirkende Eingriffe das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort nachhaltig schädigt, planbare Grundlagen komplett entzogen werden (weil Netztarife sich jährlich ändern könnten) und natürlich wird der Ausbau der Flexibilitäten, Batterien und dergleichen damit gehemmt“, sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria, auf Nachfrage von pv magazine. „Damit ist das durchgesickerte Vorhaben auch aus energiewirtschaftlicher Sicht äußert kontraproduktiv.“
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