Im niedersächsischen Celle und im sächsischen Döbeln stehen zwei Großspeicherprojekte zum Anschluss an die Mittelspannung kurz vor dem Baustart. Investor und Betreiber ist in beiden Fällen der Energieflexibilitätsanbieter Terralayr. Gleichzeitig heißt es am Markt, dass es für Entwickler von Großspeicherprojekten immer schwieriger wird, Netzanschlusszusagen und Baugenehmigungen zu bekommen. Im Interview mit pv magazine erläutern Kaspar Klemm, Chief of Staff bei Terralayr, und Fabian Fink, Chief Operations Officer vom Projektentwickler FBS, in welchem Marktsegment es derzeit noch Anschlusskapazitäten gibt und wie sich ein Großspeicherprojekt in zwei Jahren umsetzen lässt.
Wenn FBS einen Standort für einen Batteriespeicher sucht und das Projekt dann zur Baureife entwickelt, wissen Sie dann schon genau, wer den Batteriespeicher später bauen und betreiben wird?
Fabian Fink: Wir haben schon seit 2022 eine Partnerschaft mit Terralayr, das heißt, die Projekte, die wir entwickeln, die sind auch finanziell abgesichert. Das ist bei der Entwicklung sehr hilfreich. Auf diese Weise können wir im Austausch mit den Beteiligten, seien es Netzbetreiber oder Kommunen, schon Fragen darüber beantworten, wie die Anlagen designt und betrieben werden. Das räumt schon mal Steine aus dem Weg.
Das heißt, Sie wissen auch schon, wie groß der Speicher am Ende werden soll?
Fabian Fink: Genau. Die Speichergröße richtet sich immer danach, was wir als Entwickler machen wollen und was netzseitig, infrastrukturell möglich ist.  Die Größe unseres ersten gemeinsamen Projektes in Tittling hat sich relativ früh herauskristallisiert mit gut zehn Megawatt an der Mittelspannung. Das ist die Größe, die für das Projekt möglich war und auch vom Betreiber favorisiert wurde.
Battery Business & Development Forum
Wie baut man ein Portfolio an Batteriespeichern auf und wie lassen sie sich am besten vermarkten?
Das sind zwei unserer Themen auf dem Battery Business & Development Forum BBDF am 16. Juli in Frankfurt. Die Veranstaltung ist für alle gedacht, die Batteriegroßspeicher planen oder in solche investieren, und mehr wissen wollen, zum Beispiel über Netzanschluss, Baugenehmigung, technische Planung, Vermarktung oder Finanzierung und regulatorische Entwicklungen. In einem kompakten Tag behandeln wir die wichtigsten Aspekte mit Fokus auf Deutschland und Italien sowie mit Ausblick auf andere europäische Länder. Bereits am Vorabend können Sie auf der Networking-Reception Projektentwickler und Kapitalgeber treffen.Â
Und wie viele Netzanschlussanfragen mussten Sie dafür stellen?
Fabian Fink: Eine. Es funktioniert nicht so, dass wir ans Bayernwerk rangehen und sagen, wir würden gern ein Megawatt machen, und wenn sie okay sagen, dann fragen wir, gehen auch zwei? Dadurch, dass wir sehr versiert auf dem Feld sind und auch elektrotechnische Expertise im Haus haben, können wir im Vorfeld schon halbwegs gut abschätzen, was möglich ist. Wenn wir nur wenige Anfragen benötigen, verursacht das wenig Arbeit auf allen Seiten. Inzwischen haben wir ein großes Portfolio. Wir sind mittlerweile an über 100 Projekten in ganz Deutschland tätig. Da reicht zwar nicht immer nur eine Anfrage, aber ein ganz großer Teil ist mit einer Anfrage beim Netzbetreiber erledigt. Wir sind mittlerweile bei 50 bis 60 Netzbetreibern in Deutschland in zwölf Bundesländern. Insgesamt gibt es an der Mittelspannung fast 900 Netzbetreiber.
Wie schwierig ist es, die geeignete Stelle für den Netzanschluss und die Anfrage zu finden?
Fabian Fink: Tatsächlich ist das nicht so einfach. Wir haben intern eine Datenanalysesoftware entwickelt, die uns da ganz viel Arbeit abnimmt und die uns hilft, diese Flächen erst mal zu identifizieren. Wenn man das händisch machen würde, dann wäre das sehr langwierig. Ab dem Schritt geht es dann vergleichsweise schnell. Da gibt es bestimmte Anforderungen, die Netzbetreiber vorab haben, um zu belegen, dass das Projekt eine gewisse Reife hat, bevor man die Netzanfrage stellt. Welche das sind, ist sehr unterschiedlich. Das wird in den letzten zwei Jahren auch zunehmend schwieriger. Die oberste Prämisse, die auch gesetzlich festgeschrieben ist für die Netzbetreiber, heißt, Netzanschlüsse diskriminierungs- und willkürfrei zu vergeben. Das sorgfältig zu machen, braucht seine Zeit.
Wie lange dauert es, von der ersten Idee bis zur Baureife?
Fabian Fink: Es gibt Ausreißer, aber ich würde sagen, 11 bis 15 Monate sind normal. Damit sind 80 Prozent abgedeckt.
Kaspar Klemm: Wir fokussieren uns in der Partnerschaft mit FBS bewusst auf Mittelspannungsprojekte, die zwischen 10 und 30 Megawatt liegen. Die sehen wir als attraktiver an, weil man dort im Normalfall kürzere Entwicklungszeiten hat und einen geringeren Flächenbedarf. Man findet oft auch Flächen in einem Gewerbegebiet, wo der Baugenehmigungsprozess schneller geht als im Außenbereich. Auch die Umsetzungsphase ist im Normalfall kürzer, da man sich an ein bestehendes Umspannwerk anschließen kann, während man in der Hochspannung in den allermeisten Fällen ein neues, eigenes Umspannwerk errichten muss, das längere Liefer- und Bauzeiten hat.
Müssen sie von den Netzbetreibern Einschränkungen beim Betrieb hinnehmen?
Kaspar Klemm: Bei früheren Projekten gab es überhaupt gar keine Einschränkungen. Das ist immer noch häufig der Fall, aber wir sehen vereinzelt, dass Netzbetreiber Einschränkungen vorgeben, insbesondere zur Sommerzeit. Gerade mittags, wenn viel Photovoltaik-Einspeisung da ist, sollen die Batteriespeicher nicht zusätzlich einspeisen, was, das muss man dazu sagen, zum Großteil nicht passiert. Wenn gerade viel Photovoltaik-Strom erzeugt wird, wird der Batteriespeicher Strom beziehen. Meistens ist das Verhalten also gegenläufig. Dadurch, dass ganz Deutschland eine Strompreiszone ist, kann es aber lokale Ausnahmen geben, so dass der Netzbetreiber wünscht, den Speicher abzuriegeln oder die Einspeisung limitieren zu können.
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Wie sieht es auf Seite der Kommunen aus, gibt es da Vorbehalte gegen die Genehmigung von Batteriespeichern?
Fabian Fink: Es gibt die Standardvorbehalte, Fragen, die sie in jeder Stadtrats- oder Gemeinderatssitzung bekommen und die auch berechtigt sind. Was passiert in einem Störfall, falls es anfängt zu brennen? Welche wassergefährdenden Stoffe gibt es? Man merkt aber, dass unterschiedliche Kommunen und die unteren Bauaufsichtsbehörden verschiedene Schwerpunkte haben. Manchmal steht der Brandschutz, ein anderes Mal der Wasserschutz und bei einem dritten Projekt vielleicht der Denkmalschutz im Vordergrund. Das meiste Know-how benötigt man sicher bei der Frage, welche Substanzen, welche Stoffgemische sind vorhanden, wie setzt sich das zusammen und wie funktioniert die Batterie im Allgemeinen? Wenn man eine Weile im Markt ist, kann man mit Erfahrung und entsprechenden Gutachten den Behörden die Ängste nehmen. Grundsätzlich sehen wir aber eine große Bereitschaft die Energiewende voranzutreiben.
Kaspar Klemm: Das kann ich nur unterschreiben. Wir haben auch als Investor schon viele Bürgermeister und Stadträte getroffen, durchaus auch schon in der Entwicklungsphase, um uns vorzustellen, damit die Kommune weiß, wer am Ende diesen Speicher betreiben wird. Das Verständnis für Speicher und ihre Bedeutung ist auf jeden Fall da. Natürlich ist es auch ein Vorteil, dass jetzt 90 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen der Speicher in den lokalen Kommunen bleiben, so dass es hier auch einen finanziellen Anreiz gibt.
Bauen Sie Speicher immer stand-alone oder auch mal co-located mit einer Photovoltaik-Anlage?
Kaspar Klemm:ÂWir machen ausschließlich Stand-alone-Speicher. Bei der Co-Location ist die Komplexität höher, weil man sich einen Netzanschluss teilt und die Einspeisung des Windparks oder der Photovoltaik-Anlage berücksichtigen muss. In Einzelfällen kann es dazu führen, dass die Batterie nicht vollumfänglich operieren kann. Und da wir selbst keine erneuerbaren Erzeugungsanlagen betreiben, würden wir dafür auch Partner benötigen.
Wie treffen Sie die Hardwareentscheidung?
Kaspar Klemm: Wir arbeiten im gesamten Entwicklungsprozess mit unseren Partnern sehr eng zusammen und versuchen, frühestmöglich Klarheit zu schaffen. Zum Teil wird die Hardwareentscheidung schon für die Baugenehmigung benötigt. Sobald das Projekt baureif ist, starten wir die Ausschreibung für einen EPC-Partner. Wir haben eine Anzahl an Unternehmen, mit denen wir gute Kontakte pflegen und von denen wir uns Angebote einholen und die das Projekt dann komplett errichten. Technische Parameter wie Energiedichte und Zelldegradation, aber auch Garantiebedingungen und schlussendlich natürlich der Preis sind bei der finalen Hardwareentscheidung auschlaggebend.
Wie lange dauert dieser zweite Projektteil, die Bauphase?
Kaspar Klemm: Für Mittelspannungsprojekte sind wir da sehr flink. Das schaffen wir in neun bis zwölf Monaten. Das beinhaltet auch die Lieferzeit der Komponenten, die eigentliche Bauphase beträgt insgesamt nur einige Wochen. Manchmal kann es jedoch trotzdem noch etwas dauern, bis der Netzanschluss wirklich verfügbar ist. In der Hochspannung, wenn die Errichtung eines neuen Umspannwerks nötig ist, dauert die Bauphase eher 18 bis 24 Monate.
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