Eine Anpassung der Netzentgelte steht ins Haus. Welche Änderungsoptionen auf dem Tisch liegen, das fasst die Bundesnetzagentur in einer Behörde zusammen und stellt das Papier zur Diskussion. Speicher werden dabei gesondert addressiert.
Die Bundesnetzagentur hat am Monat ein Verfahren zur „Allgemeinen Rahmenfestlegung Strom“ eröffnet und passend dazu ein 57-seitiges Diskussionspapier veröffentlicht. Darin enthalten sind mögliche Anpassungsoptionen bei der Bildung der Netzentgelte. Die bisher geltende Systematik passt nicht mehr zu einem von der Energiewende dominierten Energiesystem. Die Bundesnetzagentur muss nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2021 die Regulierung der Stromnetze unabhängig übernehmen und gerade im Bereich der Netzentgelte eigenständige Regelungen erlassen.
Mit der Rahmenfestlegung „Allgemeine Netzentgeltsystematik“ abgekürzt „AgNes“ – werden die bislang in den Paragrafen 12 bis 20 StromNEV dargelegten Grundsätze der Netzentgeltsystematik Strom neu geregelt. Ein zentrales Ziel von „AgNeS“ sei, das bestehende System der Netzentgelte Strom in Deutschland zukunftsfähig an die Erfordernisse der Energiewende anzupassen. „Angesichts des ambitionierten Ausbaus erneuerbarer Energien, der zunehmenden Dezentralisierung der Stromerzeugung und des steigenden Bedarfs an Flexibilität im Netz steht das aktuelle Entgeltsystem vor erheblichen Herausforderungen“, so die Behörde.
Eine Option, die Finanzierungsbasis zu verbreitern ist, auch Einspeiser künftig an den Netzkosten zu beteiligen. Ein solcher Beitrag könne entweder über einspeiseabhängige Entgelte oder über ein Grundnetzentgelt erhoben werden, das auch Einspeiser zahlen müssen. Bislang müssen in Deutschland Netzeinspeiser keine Netzentgelte entrichten, sondern diese werden ausschließlich von den letztverbrauchenden Netzkunden gezahlt. Der Ausbau der Netze wird jedoch hauptsächlich durch den Zubau an neuen Erneuerbaren-Anlagen notwendig. Auch in anderen europäischen Ländern würden daher auch bereits Einspeiser an den Netzkosten beteiligt.
Ein anderer Weg wäre die Einführung neuer Entgeltkomponenten, etwa eines Grund- oder Kapazitätspreises. Derzeit seien oberhalb der Niederspannung alle Netzentgeltkomponenten rein entnahmeabhängig. Der Verbrauch werde mit Entgelten belastet, obwohl er nicht der wesentliche Kostentreiber sei, so die Bundesnetzagentur in ihrem Diskussionspapier. Der Vorschlag: ein zusätzlicher pauschaler Grundpreis könnte die Kosten sachgerechter reflektieren. Bei Prosumern in der Niederspannung könnte zudem eine Stärkung der schon vorhandenen Grundpreiskomponente eine adäquate Beteiligung an den Netzkosten gewährleisten.
Da die Netzanschlusskapazität bei der Dimensionierung des Netzes eine wesentliche Rolle spielt und die Kosten in die Höhe treibt, könnte auch eine direkte Bepreisung der bestellten Netzanschlusskapazität sachgerecht sein. Ob dem so ist, ist eine der Fragen der Bundesnetzagentur, die sie in dem Diskussionspapier formuliert. Eine weitere Option wären aus Sicht der Behörde dynamische Netzentgelte. Die Auslastung der Netze würde so in ein zeitliches differenziertes Preissignal umgesetzt. Vorläufer dafür seien die zeitvariablen Netzentgelte, allerdings würden die Tarifstufen mit großem Vorlauf festgelegt und selten geändert. Zudem umfassten sie große Regionen. Eine konkrete Umsetzungsmöglichkeit habe die Bundesnetzagentur in ihrer Festlegung zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen geschaffen. Ein Netzentgelt, das sich nach dem aktuellen tatsächlichen Auslastungsgrad des Netzes bemisst, bedarf zahlreicher technischer Voraussetzungen wie einer nahezu vollständigen Digitalisierung von Netz und Netznutzern, schreibt die Behörde weiter.
Da die Bundesnetzagentur die netz- sowie systemdienliche Einbindung von Speichern sicherstellen will, hat sie die Entgelte für diese im Diskussionspapier gesondert addressiert. Erklärtes Ziel der Bundesnetzagentur ist es, die Anpassungsoptionen ergebnisoffen und im stetigen Austausch mit allen Stakeholdern zu diskutieren. „Wir müssen das System reformieren, nach dem Netzentgelte erhoben werden“, erklärte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Erstens wird die Zahl der Nutzer immer kleiner, die in voller Höhe Entgelte zahlen – bei gleichzeitig steigenden Kosten. Wir haben zweitens keine ausreichend wirksamen Signale, wie und wo Anlagen kostengünstig betrieben werden können, um einen unnötig teuren Ausbau der Netze zu vermeiden. Drittens gibt es im System heute keine Anreize, die flexibles Verhalten belohnen, eher im Gegenteil.“ Dies zu ändern, sei Ziel des ergebnisoffenen Diskurses. Stellungnahmen zum Diskussionspapier können bis Ende Juni abgegeben werden.
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