Interview: Die Begründung der FDP, warum sie die Solarförderung streichen will, nämlich weil sich Photovoltaik-Anlagen bereits rechnen, teilt Philipp Schröder. Allerdings sieht er gerade bei dynamischen Stromtarifen, die die Amortisation neuer Photovoltaik-Anlagen stützen sollen, noch viel Erklärungsbedarf. Zudem kommt es darauf an, wie das Gesamtsystem aufgesetzt ist, sagt der Gründer und CEO von 1Komma5°.
pv magazine: Wie schätzen Sie die Pläne der FDP ein, die Solarförderung schnellstmöglich abzuschaffen?
Philipp Schröder: Die zugrundeliegende Aussage, dass Photovoltaik-Anlagen sich bereits rechnen, ist korrekt. Solarstrom vom eigenen Dach ist deutlich günstiger als fossiler Netzstrom. Damit sich die Investition für Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer aber auch ohne das Zutun der Einspeisevergütung möglichst schnell rechnet, ist entscheidend, was für ein System man anschafft. Vor allem Photovoltaik-Systeme mit Batteriespeicher und intelligenter Steuerung beziehungsweise in Kombination mit einem dynamischen Stromtarif sind wirtschaftlich. Das schafft Flexibilität, zu jedem Zeitpunkt auf die günstigste Stromquelle zuzugreifen – sei es der eigene Solarstrom oder Strombezug zu negativen Preisen an der Strombörse. Und das Ermutigende für verunsicherte Verbraucherinnen und Verbraucher ist: Durch die steigende Anzahl von Stunden mit negativen Preisen an der Strombörse und die Netzausgleichsleistungen durch den Paragrafen § 14a EnWG wird sich der Effekt in Zukunft noch verstärken. Schlaue Systeme machen schon jetzt und werden auch zukünftig den Unterschied machen.
Bei den Kleinanlagen sagt die FDP ja, der Wegfall der Mehrwertsteuer und die Nutzung dynamischer Stromtarife genug Anreiz seien, um in private Photovoltaik-Anlagen zu investieren. Sehen Sie dies auch so?
Natürlich sind 19 Prozent weniger Investitionskosten und dynamische Stromtarife ein sehr guter Anreiz. Die Herausforderung besteht aber noch darin, die Existenz und Vorteile von dynamischen Tarifen in der Breite bekannt zu machen. Das ist noch ein neues Thema für viele. Wenn Menschen einmal verstanden haben, wie dynamische Tarife funktionieren und was für Ersparnisse dadurch in Kombination mit einer intelligenten Steuerung möglich sind, wird der Wegfall der Einspeisevergütung nicht mehr so schwer ins Gewicht fallen.
Sie bieten ihren Kunden bereits dynamische Stromtarife an. Können Sie da eine erste Bilanz ziehen, inwiefern ihre Kunden profitiert haben? Immerhin gab es in den ersten sieben Monaten mehr als 300 Stunden mit negativen Strompreisen und damit mehr als im gesamten Vorjahr?
Wir haben eine Analyse aller Kundensysteme im Zeitraum von Mai bis August 2024 durchgeführt, die mit unserem dynamischen Stromtarif „Dynamic Pulse“ und einer Solaranlage ausgestattet sind und durch „Heartbeat AI“ optimiert werden. Das Ergebnis zeigt, dass die monatlichen Stromkosten im Durchschnitt gegenüber dem durchschnittlichen deutschen Strompreis um rund 80 Prozent sanken, auf etwa 7 Cent pro Kilowattstunde – nach Abgaben und inklusive der Anschaffungskosten der Solaranlage. Die Ergebnisse variieren allerdings stark. Grundsätzlich gilt, je mehr stromgeführte Systeme in einem Haushalt durch „Heartbeat AI“ optimiert werden, desto besser das Ergebnis. Bei 40 Prozent der Kunden mit dynamischem Tarif lag der effektive Strompreis je Kilowattstunde durch die Optimierung von „Heartbeat AI“ in diesem Zeitraum sogar bei null Cent oder darunter.
Also diese Kunden mussten zeitweise nichts für ihren Strom zahlen?
Bei diesen Kunden mit negativen durchschnittlichen Preisen sind die Einnahmen aus dem Stromverkauf und negativem Bezug also höher als die Ausgaben für den optimierten Einkauf, wobei alle Anschaffungskosten zur Stromerzeugung – beispielsweise Solaranlage und Wechselrichter – ebenso wie Abgaben bereits einkalkuliert sind. Der dynamische Tarif führt durch die Optimierung somit auch zu einer schnelleren Amortisierung von Photovoltaik-Anlage und Wärmepumpe und macht elektrische Mobilität noch günstiger. Ohne die Optimierung läge ein konventioneller Strombezug aus dem Netz bei 30 bis 35 Cent je Kilowattstunde und ein nicht-optimierter dynamischer Stromtarif läge bei 25 bei 30 Cent. Auch die Optimierung einer einzelnen Komponente, etwa nur einer Batterie oder nur der Wallbox, hätte den Strompreis lediglich auf 22 bis 25 Cent reduziert. Die Qualität der Optimierung des Gesamtsystems ist also der Schlüssel, um herausragende Ergebnisse zu erzielen.
Beim Smart-Meter-Rollout will die FDP noch bestehende Hemmnisse abbauen. 1Komma5° ist sehr engagiert bei dem Thema Smart Meter. Welche Hemmnisse sollten aus Ihrer Sicht schnellstmöglich fallen?
Hier geht es ganz klar um mehr Effizienz und Verbindlichkeit in den Prozessen der Verteilnetzbetreiber. Es muss schneller, einfacher und skalierbarer gehen. Fristen und Strafzahlungen bei Verzögerungen können ein Mittel sein. Auch der Zählerwechsel durch einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber muss vereinfacht werden.
Man hört überall, dass die Nachfrage nach privaten Dachanlagen aktuell sehr zu wünschen übrig lässt, um es vorsichtig auszudrücken. Sehen Sie auch diesen Rückgang oder verteilt es sich einfach auf mehr Anbieter?
Die Nachfrage aus der Energiekrise 2022/2023 hat sich normalisiert. Das zeigen die Netzanmeldungen in Deutschland, aber auch anderen europäischen Märkten. Viele neue Anbieter, die in dieser Zeit auf den Markt gedrängt sind und alle, die nicht effizienter werden oder sich differenzieren können, haben große Schwierigkeiten. Dass die Nachfrage trotz des angespannten Marktumfelds bei uns weiter steigt, zeigt, dass die stetige Verbesserung unseres Produktes und unser Angebot die richtigen Wege sind. Insbesondere die Nachfrage nach Gesamtpaketen nimmt zu. Als OneStopShop sind bei uns auch die Synergie-Effekte aus dem Wärmepumpen-Geschäft erheblich. Da steigt die Nachfrage seit dem ersten Quartal dieses Jahres konstant an.
Zudem ist immer wieder von einem aktuell ruinösen Preiskampf auf dem Markt zu hören. Wie sieht dies in Ihrem Installationsnetzwerk aus, können Sie das bestätigen und wie haben sich die Preise zum Vorjahr verändert?
Die Konsolidierung ist in vollem Gange. Der erhöhte Wettbewerb der letzten Jahre und die sinkende Nachfrage führen bei einigen Marktteilnehmern zu verzweifelten Abverkäufen. Da sind teils Preise im Umlauf, zu denen nicht profitabel installiert werden kann. Kundinnen und Kunden sind nicht gut beraten, möglichst günstig zu kaufen. Wichtiger ist es, auf eine vollintegrierte, von einer fähigen Software gesteuerte Lösung und einen verlässlichen Anbieter zu setzen, der auch in 10 Jahren noch hier ist. Nicht selten erleben wir, dass Kundinnen und Kunden mit einer halbfertigen Anlage zu uns kommen, weil ihr Anbieter vom Markt verschwunden ist und sie ihren Ansprechpartner verlieren oder mit der Garantie eines chinesischen Staatskonzerns letztlich nichts anfangen können. Dieser Effekt bestärkt uns außerdem in unserer Strategie: durch die operative Effizienzsteigerung, Synergie-Effekte und höhere Warenkörbe durch Gesamtpakete bauen wir unsere Marktstellung gerade in dieser Zeit weiter aus und sind im Markt sehr gut positioniert. Es ist die Zeit, in der Wert geschaffen wird. Viele unserer Betriebe waren 2012/2013 bereits im Markt und haben damals als oft einzige in ihrer Region die Krise überlebt. Diese Erfahrung hilft nun auch der Gruppe.
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